"Manche Schwangere zeigen zwar typische Symptome wie Husten, Schnupfen und danach auch einen Ausschlag. Dies ist aber nicht immer der Fall", sagt der Bundessprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzt*innen, Jakob Maske. Es gebe kaum ähnliche Erkrankungen, die zu so einem spezifischen Ausschlag führten wie dem bei Ringelröteln. "Es gibt natürlich mal allergische Reaktionen, die ähnlich aussehen können. Die haben aber meistens noch andere Symptome."
Schon mal infiziert? Ein Test zeigt das
Auch Karl Oliver Kagan, Leiter der Pränatalen Medizin an der Universitäts-Frauenklinik Tübingen, spricht von derzeit vielen Schwangeren, die sich mit den Parvovirus B19 ansteckten und zu Behandlung oder Kontrolle in die Klinik kommen. Wie viele Personen tatsächlich infiziert seien, könne aber nicht gesagt werden, weil nicht alle Betroffenen Symptome entwickelten.
Wer als Schwangere wissen wolle, ob sie in der Vergangenheit schon mal an Ringelröteln erkrankt und möglicherweise immun sei, könne sich testen lassen - etwa wenn Kontakt mit einer infizierten Person bestanden habe. Bei diesem Test werde nach Antikörpern gegen die Paroviren B19 und gegebenenfalls nach Virus-Erbgut im Blut geschaut.
Kaum Handlungschancen in den ersten Wochen
Bei einer Ringelröteln-Infektion der Mutter geht man laut Kagan davon aus, dass sich etwa zehn Prozent der Ungeborenen infizieren. Bei Schwangeren, die sich in der ersten Hälfe der Schwangerschaft angesteckt haben, sollte abgeklärt werden, ob die Infektion eine kindliche Blutarmut verursacht.
"Im Falle einer Blutarmut benötigt das Ungeborene eine Blutkonserve, die von außen über die Nabelschnur verabreicht werden kann. Angesichts des geringen Durchmessers der Nabelschnur ist diese Therapie herausfordernd und eigentlich erst ab der 16. Schwangerschaftswoche möglich", sagt Kagan. Nachdem in den vergangenen Jahren kaum Transfusionen aufgrund von Ringelröteln-Infektionen in der Tübinger Frauenklinik durchgeführt werden mussten, seien es jetzt etwa zwei pro Woche.
In den ersten Schwangerschaftswochen gebe es keine Möglichkeit, eine Infektion beziehungsweise die Blutarmut des Embryos nachzuweisen. In manchen Fällen könne im Ersttrimester-Screening in der zwölften oder dreizehnten Schwangerschaftswoche eine Blutarmut erkannt werden, für eine Bluttransfusion sei es aber dann noch zu früh. "Eine Infektion im letzten Drittel der Schwangerschaft stellt für Ungeborene in der Regel keine lebensbedrohliche Gefahr dar", erklärt Kagan.
Woher kommt der Anstieg?
Die außergewöhnlich starke Aktivität lässt sich laut Enders unter anderem dadurch erklären, dass in der Pandemie aufgrund von Lockdowns und Hygienemaßnahmen die Fallzahlen sehr niedrig waren und dem Virus nun eine deutlich höhere Zahl empfänglicher Wirte zur Verfügung steht. "Von Anfang 2020 bis Anfang 2023 hatten wir ja quasi drei Jahre keine Aktivität oder nur eine minimale.
Das heißt, da haben sich eine Menge an Kindern angesammelt, die nicht immun sind und da läuft das jetzt durch", sagt Enders. Mehr Infektionen bei Kindern bedeuteten automatisch mehr Infektionen bei Schwangeren - und damit einhergehend auch häufiger Komplikationen. "Aber ich glaube nicht, dass sich das Virus irgendwie verändert hätte und dass deswegen die Infektionen schwerer verlaufen."
Ein Anstieg der Zahl der Parvovirus-B19-Infektionen meldete kürzlich auch die EU-Gesundheitsbehörde ECDC aus Dänemark, Irland, den Niederlanden, Norwegen und Frankreich. Obwohl eine detaillierte epidemiologische Analyse fehle, da die Krankheit in den meisten Ländern nicht überwacht werde, zeigten die Daten erhöhte Infektionsraten in mehreren Altersgruppen, wobei vor allem Kleinkinder betroffen seien. Zu den Risikogruppen für eine schwere Erkrankung gehörten neben den Schwangeren Personen mit Bluterkrankungen oder Immunsuppression (Immunschwäche).