Schleusingen Nazi mobilisiert 600 Demonstranten gegen Asylheim

Katja Wollschäger und

In Schleusingen formiert sich heftiger Protest gegen Pläne, Flüchtlinge im einstigen Krankenhaus unterzubringen. Eine Demonstration brachte am Mittwoch 600 Menschen auf die Straße. Angemeldet hatte sie Neonazi Tommy Frenck.

 
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Trommler führten am Mittwochabend einen Zug von rund 600 Menschen in Schleusingen an, die auf die Straße gegangen waren, um gegen den Plan des Landkreises Hildburghausen zu demonstrieren, Flüchtlinge im alten Krankenhaus in der Eisfelder Straße unterzubringen. Das Gebäude, das die Stadt Schleusingen als Einlage in die Henneberg-Kliniken Besitzgesellschaft mbH eingebracht hatte und nun am liebsten zurückkaufen will, steht ab dem 1. Juli offiziell leer. Geht es nach Landrat Thomas Müller, sollen dann 90 bis 100 Geflüchtete dort einziehen.

Seit Wochen regt sich bereits in Schleusingen Widerstand gegen diese Pläne. Eine Internet-Petition „Stoppt Flüchtlingsheim am Schulweg in Schleusingen“ hatte über 5000 Unterzeichner. Ihr Schleusinger Initiator Rene Stubenrauch argumentierte, dass sich das Gebäude an einem Schulweg befinde und Einwohner ähnliche Zustände wie in der Erstaufnahmeeinrichtung in Suhl befürchten, auch wenn die Größenordnungen keineswegs vergleichbar sind. Die Erstaufnahmeeinrichtung in Suhl ist ausgelegt für 800 Flüchtlinge, wobei die Einrichtung in den letzten Monaten teilweise mit mehr als 1250 Menschen wieder stark überbelegt war. Dass Flüchtlinge aufgenommen werden müssen, verneint Petitionsinitiator Stubenrauch nicht. Er schlägt eine dezentrale Unterbringung von 50 Flüchtlingen in der Schleusinger Kernstadt vor – das sei genügend bei einer Zahl von etwa 5500 Einwohnern – und fordert den Landrat zum Dialog mit der Bevölkerung auf. „Die Flüchtlinge müssen vernünftig betreut und ein Stück weit in die Gesellschaft integriert werden. Dazu müssen beide Seiten ihren Beitrag leisten“, hatte der Petitionsführer kürzlich gegenüber unserer Zeitung gesagt.

Zumindest aber ein stattlicher Teil derjenigen, die am Mittwochabend in Schleusingen auf die Straße gegangen sind, sind wohl bei weitem weniger an Dialog und konstruktiven Lösungen interessiert. Angemeldet hatte die Demonstration, zu der erkennbar an den Kennzeichen der angereisten Autos Menschen aus ganz Südthüringen gekommen waren, vom Kloster Veßraer Gaststättenbetreiber und bekennendem Neonazi Tommy Frenck. Sein Aufruf im Internet war geschmückt mit dem Slogan „Refugees not welcome“ – zu deutsch: Flüchtlinge nicht willkommen. Die sorgenvolle Stimmung in Schleusingen haben auch stramme Rechtsextreme genutzt, um sich selbst eine Plattform zu geben. Auch Neonazigröße Axel Schlimper, ehemaliger Thüringer Regionalleiter des mittlerweile aufgelösten Holocaustleugner-Netzwerks „Europäische Aktion“, war vor Ort. Über einen Lautsprecherwagen forderten Demonstranten beispielsweise, „bis zum Äußersten zu gehen“, das Krankenhaus notfalls zu besetzen, falls Politiker nicht einlenkten. „Das ist eine Aufforderung zu einer Straftat“, schätzt Wolfgang Nicolai, Leiter der Landespolizeiinspektion Suhl, ein. Das könne man so nicht stehen lassen. Er kündigt eine Anzeige an, während sich andere Redner ein „Asylantenverbot“ wünschten und unter anderem die Forderung in Richtung Politik schickten: „Beweist Rückgrat – wenn ihr nicht für das Deutsche Volk da seid, dann klebt das Blut auch an euren Händen. Denn es wird eskalieren.“

Die Demonstration, die auf dem Marktplatz mit einer Kundgebung startete und schließlich vor dem ehemaligen Krankenhaus ihr Ende fand, „hatte insgesamt einen friedlichen Verlauf“, heißt es aus der Polizeiinspektion Hildburghausen. Es seien zwei Anzeigen wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz und ein Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz aufgenommen worden.

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