Kosmische Mahlzeit Warum Sterne ihre Planeten verschlingen

Markus Brauer/
Ein Planet zerbirst im Weltall. Foto: Imago/Panthermedia

Planeten umkreisen ihren Stern und manchmal kommen sie ihm zu nah. Wie oft sie dann verschluckt werden, haben Forscher jetzt ergründet. Nicht nur junge Planetensysteme sind demnach Schauplatz solcher kosmischen Mahlzeiten.

 
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Nicht nur Rote Riesen können Planeten verschlingen, auch viele normale, mittelalte Sterne sind Planetenkiller, wie Astronomen entdeckt haben. Rund jeder zwölfte Stern hat in seiner normalen Lebensphase bereits mindestens einen Planeten verschlungen. Das zeigen Beobachtungen von 91 Sternen-Zwillingen durch ein internationales Forschungsteam.

Trotz ihrer gemeinsamen Geburt aus einer Gaswolke zeigen diese kosmischen Paare auffällige Unterschiede in ihrer chemischen Zusammensetzung. Diese lassen sich nur durch eine solche kosmische Mahlzeit erklären, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature“.

Zur Info: Wenn Sterne wie etwa unsere Sonne ihren Vorrat an Kernbrennstoff aufgebraucht habe, blähen sie sich solchen Weißen Zwerg zusammen, der über Jahrmilliarden hinweg langsam abkühlt.

Wie häufig vertilgen Sterne einen ihrer Planeten?

Etwa jeder zwölfte Stern hat in seiner normalen Lebensphase bereits mindestens einen Planeten verschlungen. Das zeigen Beobachtungen von 91 Sternen-Zwillingen. Foto: © openverse/dpa

Astronomen haben schon bei vielen Sternen Anzeichen einer „Verschmutzung“ durch Trümmer von Planeten oder Asteroiden entdeckt. Die Atmosphäre der Sterne zeigt in solchen Fällen eine deutliche Anreicherung mit schweren Elementen, wie sie in Gesteinsplaneten, aber nicht in normalen Sternen vorkommen. Wie häufig Sterne einen ihrer Planeten verschlingen, war jedoch bislang unklar.

Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, haben Fan Liu von der Monash University in Melbourne in Australien und seine Kollegen nach Sternen-Paaren gesucht, die aus derselben Gaswolke entstanden sind.

Mithilfe des europäischen Astronomie-Satelliten „Gaia“ konnten sie 91 Paare identifizieren, deren Abstand und deren gemeinsame Bewegung durchs All eine gemeinsame Geburt verrät. Es handelt sich also um Sternen-Zwillinge, die ursprünglich die gleiche chemische Zusammensetzung besessen haben müssen.

Die Illustration, zeigt den Exoplaneten WASP-12b. Er ist der heißeste bekannte Planet in der Milchstraßengalaxie und möglicherweise der am kürzesten lebende. Der Planet könnte in 10 Millionen Jahren vollständig von seinem Mutterstern verschlungen werden. Foto: Nasa/Esa (stsci)/G. Bacon/dpa

Doch wie weitere, sehr genaue Beobachtungen mit mehreren Großteleskopen auf der Erde zeigen, weisen acht Prozent dieser Paare deutliche Unterschiede in der Häufigkeit schwerer Elemente in ihren Atmosphären auf. Einer der beiden Sterne muss also, so folgern Liu und seine Kollegen, vor nicht allzu langer Zeit einen Planeten verschlungen haben.

Kollaps nach Geburt eines Planetensystems ist keine Seltenheit

Computersimulationen der Entstehung von Planeten um junge Sterne zeigen, dass solche Katastrophen in den ersten 100 Millionen Jahren nach der Geburt eines Planetensystems keine Seltenheit sind. „Doch solche frühen Ereignisse sollten nach mehreren Milliarden Jahren nicht mehr nachweisbar sein“, betonen Liu und seine Kollegen. Denn die schweren Elemente sinken in das Innere des Stern hinein.

Bei den von dem Team untersuchten Sternen handelt es sich jedoch ausschließlich um entwickelte Sterne ähnlich unserer Sonne in ihrer normalen Lebensphase. „Wir sehen also vermutlich die Spuren späterer Ereignisse“, so die Forscher weiter, „ausgelöst beispielsweise durch Störungen von außen – etwa einen weiteren, nahe vorüberziehenden Stern oder einen in das innere System eindringenden großen Gasplaneten.“ Solche Störungen können die Bahnen der inneren Planeten aus dem Gleichgewicht bringen.

Anziehungskraft des Sterns zerreißt den Planeten

Nähert sich dadurch einer der Planeten zu sehr seinem Zentralstern an, wird er durch dessen Anziehungskraft zerrissen und seine Trümmer fallen auf den Stern herab. Solche kosmischen Mahlzeiten könnten also häufiger sein als bislang angenommen, so die Forscher, und deshalb eine wichtige Rolle bei der späten Entwicklung von Planetensystemen spielen.

Anders als bisher gedacht sind Planeten nicht nur in ihrer frühen Entstehungszeit oder beim Aufblähen eines Roten Riesen in Lebensgefahr. Auch normale Sterne können sie zerstören. Besonders gefährdet sind den Wissenschaftlern zufolge Supererden. „Rund 30 bis 50 Prozent der sonnenähnlichen Sterne haben innen kreisende Supererden“, betonen Liu und sein Team. „Wenn wir dies und unsere Verschlingungsraten berücksichtigen, könnte jede vierte bis zehnte dieser Supererden Opfer einer solchen Zerstörung werden.“

Schwarze Löcher sind Staubsauger im Universum

Ein Schwarzes Loch verschlingt einen Stern. Foto: Imago/Stock Trek Images

Von Schwarzen Löchern ist seit längerem bekannt, dass sie eine Art kosmische Staubsauger darstellen. Sie sind die schwärzesten Himmelsobjekte, die wir kennen – und zugleich die massereichsten und dichtesten. Sie bestehen aus extrem zusammengepresster Materie und Energie. Deshalb ist ihre Anziehungskraft auch so gewaltig, dass nichts ihrem Sog entkommen kann. Schwarze Löcher schlucken alles: Planeten, Sterne, Sternenstaub, Energie und Licht.

Kommt ein Stern zu nahe an ein supermassereiches Schwarzes Loch heran, wird er von der extremen Anziehungskraft angesaugt und kann dabei in lange Fäden gezogen werden – ein Vorgang, der als „Spaghettifizierung“ bekannt ist. Werden Stränge des Sterns in das Schwarze Loch gesaugt, entsteht ein Lichtblitz.

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