Kommunalwahlen im Großformat Das wählen die Thüringer am Sonntag

Von Stefan Hantzschmann
Zettel mit der Aufschrift «Landratswahl» und «Bürgermeisterwahl» liegen zur Wahl im Jahr 2018 auf den Wahlurnen im Wahllokal in einer Zella-Mehliser Kindertagesstätte. Foto: Michael Reichel/Archiv

Nur selten gibt es in Thüringen Kommunalwahlen in diesem Ausmaß: Am Sonntag werden Landräte, Bürgermeister und Kommunalparlamente gewählt. Rund 1,7 Millionen Menschen können ihre Stimme abgeben.

 
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Erfurt - Die CDU will Platzhirsch bleiben, die AfD nach Macht greifen: In Thüringen stehen am Sonntag Kommunalwahlen an, rund 1,7 Millionen Wahlberechtigte können ihre Stimme abgeben. Die Wahlen gelten als erster großer Stimmungstest vor der Landtagswahl im September. Zudem stellen die Menschen im Freistaat mit ihrer Wahl die Weichen für viele Jahre Kommunalpolitik - und damit für wichtige Entscheidungen direkt vor ihrer Haustür. Schlaglöcher, Windräder, schnelles Internet, Gewerbegebiete, Kindergärten, Jugend- und Demokratieprogramme - in der Kommunalpolitik geht es oft um die praktische Umsetzung, die Auswirkungen spüren die Menschen meist direkt. Selten gibt es derart umfassende Kommunalwahlen wie in diesem Jahr. Ein Überblick:

Was wird am 26. Mai gewählt?

Es kommt nur alle 30 Jahre vor, dass die Kommunalwahlen in Thüringen so umfassend ausfallen, Grund sind die unterschiedlichen Amts- und Mandatszeiten. Am 26. Mai wählen die Thüringer in 13 von 17 Landkreisen ihre Landräte und in allen fünf kreisfreien Städten die Oberbürgermeister. Gewählt werden aber auch flächendeckend die Kreistage sowie die Gemeinde- und Stadträte. Auch Bürgermeister und Ortsteil- oder Ortschaftsbürgermeisterwahlen stehen vielerorts an. 94 haupt- und ehrenamtliche Bürgermeisterposten sind zu vergeben sowie 1025 Ortsteil- und Ortschaftsbürgermeisterämter.

Bürgermeister und Landräte werden für sechs Jahre gewählt, Kreistage und Gemeinde- und Stadträte für fünf Jahre. Damit fallen sie alle 30 Jahre zusammen. Zuletzt wurden die Thüringerinnen und Thüringer im Jahr 1994 zu derart vielen Entscheidungen an die Urne gebeten.

In Saalfeld-Rudolstadt gab es 2020 eine Landratswahl, in Sonneberg und in Nordhausen im vergangenen Jahr und im Saale-Orla-Kreis erst im Januar. In diesen vier Landkreisen finden also keine Landratswahlen statt.
Wie viele Stimmen haben die Bürger zu vergeben?

Die Bürgermeister, Oberbürgermeister und Landräte werden direkt gewählt - jeder Wähler hat hier also eine Stimme zu vergeben. Bei den Kreistagen, Gemeinde- und Stadträten hat jede Wählerin und jeder Wähler drei Stimmen zu vergeben. Diese können auf verschiedene Kandidaten auch unterschiedlicher Parteien verteilt werden. Es ist aber auch möglich, alle drei Stimmen nur einem Kandidaten zu geben. Kreuzt der Wähler nur eine Liste einer Wählervereinigung oder Partei an, dann erhalten die ersten drei Kandidaten auf der Liste jeweils eine Stimme.

Was wird am 9. Juni gewählt?

An diesem Tag sind Stichwahlen - immer dann, wenn bei der Landrats- oder (Ober-)Bürgermeisterwahl ein Kandidat nicht mehr als 50 Prozent der Stimmen auf sich vereinen kann, entscheidet die Stichwahl. So lag etwa bei der Landratswahl im Saale-Orla-Kreis und bei der Oberbürgermeisterwahl in Nordhausen jeweils ein AfD-Kandidat nach dem ersten Wahldurchgang vorn, unterlag dann aber bei der Stichwahl. Laut Innenministerium sind Stichwahlen bei den haupt- und ehrenamtlichen Bürgermeistern, den Landräten und den Ortsteil- und Ortschaftsbürgermeistern möglich. Außerdem wird am 9. Juni das Europaparlament gewählt.

Was wird zuerst ausgezählt?

Nach Angaben des Landeswahlleiterbüros muss am 9. Juni zuerst die Europawahl ausgezählt werden. Bei den Kommunalwahlen wird den Kommunen folgende Reihenfolge empfohlen: Erst die Wahl der Bürgermeister, dann die der Landräte, dann kommen die Ortsteil- oder Ortschaftsbürgermeister dran, anschließend die Gemeinderatsmitglieder und zum Schluss die Kreistagsmitglieder.

Wer darf wählen?

Bei den Kommunalwahlen dürfen Thüringerinnen und Thüringer ab 16 Jahren mitmachen, erstmals dürfen auch 16- und 17-Jährige ihre Stimme zur Europawahl abgeben. Auch Bürger der Europäischen Union dürfen wählen, wenn sie ihren Hauptwohnsitz seit mindestens drei Monaten im Wahlgebiet haben.  

Wählbar für das Europaparlament und auch bei den Kommunalwahlen sind aber nur Menschen ab 18 Jahren. Landratskandidaten und Bewerber für das Amt eines hauptamtlichen Bürgermeisters dürfen nicht älter als 65 Jahre sein. Das führt dazu, dass etwa Deutschlands dienstälteste Landräte, Martina Schweinsburg und Werner Henning (beide CDU) nicht mehr antreten. Schweinsburg will nun in den Landtag.

Welche Besonderheiten gibt es?

Für Irritationen hat bereits im Vorfeld die Zulassung eines rechtsextremen Kandidaten für die Landratswahl im Kreis Hildburghausen gesorgt. Zank und Verwirrung gibt es auch wegen zwei konkurrierender Listen mit AfD-Mitgliedern bei der Kreistagswahl in Saalfeld-Rudolstadt. Die örtliche CDU und auch die AfD selbst haben signalisiert, dass sie die Wahl im Nachklapp vielleicht anfechten wollen. Hintergrund ist ein innerparteilicher, lokaler AfD-Streit, weshalb es dort nun eine AfD-Liste gibt und eine AfL-Liste - Alternative für den Landkreis. Vom AfD-Landesverband offiziell unterstützt wird die AfL-Liste. Die Thüringer AfD wird vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft und beobachtet.

Wann liegen Ergebnisse vor?

Nach Angaben des Landeswahlleiters Holger Poppenhäger steht schon jetzt fest, dass es in der Landeshauptstadt Erfurt ein Ergebnis für den Stadtrat erst am Tag nach der Wahl geben wird. Bei den übrigen Wahlen hoffe man auf Ergebnisse bis Mitternacht des Wahltages, sagte Poppenhäger der dpa. Garantiert sei das aber nicht, Unterbrechungen sind möglich und müssen auch nicht vorab angemeldet werden.

Am 9. Juni sollen die vorläufigen Ergebnisse der Europawahl noch in der Wahlnacht ermittelt werden. Ein vollständiges Landesergebnis gibt es wohl aber nicht vor 23 Uhr.
 

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