Es war einer meiner ersten Besuche im Osten, kurz nach dem Mauerfall. Im Sommer 1990 hatte unser Geschichtslehrer eine Fahrt nach Buchenwald organisiert. Plötzlich ging das ja recht unkompliziert. Auf der Rückfahrt war es sehr still im Bus. Der Tag auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers hatte uns alle sprachlos gemacht. Plötzlich war das, was wir aus Büchern und Filmen kannten, real geworden. Wir waren durch einen Ort gelaufen, an dem der Holocaust, die Vernichtung der Juden tatsächlich passiert war. An dem es Zeugnisse davon im Überfluss gibt. Das erfüllte die Horde sonst sehr vorlauter Teenager mit tiefer Demut. Trotzdem hat Gedenkstättenleiter Jens-Christian Wagner recht, wenn er Pflichtbesuchen in den KZ-Gedenkstätten eine Absage erteilt. Auch wenn die Unionsfraktion sie vehement fordert. Denn eine Pflicht kann leicht eine Abwehrhaltung hervorrufen. Wer schon mit einer solchen Reaktion seinen Besuch in Buchenwald beginnt, bei dem wird er vermutlich keinerlei Wirkung erzielen. Viel wichtiger wäre es, in Schulen, ja der ganzen Gesellschaft einen Nährboden zu schaffen, auf dem Besuche in Buchenwald und anderen Erinnerungsorten dann eine Demut vor der deutschen Geschichte gedeihen lassen können.