Ja, man kann es Sprunghaftigkeit nennen, was Ministerpräsident Dieter Althaus in Sachen Studiengebühren diese Woche dem erstaunten Thüringer Publikum vorexerzierte, in geradezu atemberaubender Konsequenz. Man kann es aber auch unter Erkenntnisgewinn und politischer Klugheit verbuchen. So groß die (verständliche) Häme nun auch sein mag bei den politischen Gegnern: Es ist nie zu spät, zur Einsicht zu gelangen, auf einem Irrweg zu sein. Und zeichnet es Politiker nicht eher aus, wenn sie sich (noch) korrigieren können, anstatt in sturer Beratungsresistenz und Selbstgerechtigkeit zu verharren? Starrsinn ist Schwäche, Beweglichkeit, vor allem geistige, ist Stärke. Das lässt hoffen, auch in Thüringen, wo sich allerdings mehr und mehr (und nicht erst seit dem bemerkenswerten Turn round dieser Woche) der Eindruck verdichtet, der Regierungschef führe neben seinem Amt höchstselbst auch noch mindestens vier seiner Ministerien. Also gibt es in Thüringen auch nach 2009 definitiv keine Studiengebühren. Das ist eine richtige Entscheidung, und eine vernüftige überdies, weil sie im Gleichklang mit den anderen ostdeutschen Ländern getroffen wurde. Und das ist unsere Chance. „Politik ist die Kunst des Möglichen“, hat Bismarck gesagt. Jedoch: Nicht alles, was möglich ist, ist zwangsläufig auch gut und richtig. Das haben vor Althaus schon andere erkannt und sich – Häme hin, Häme her – ungeniert verbessert. Gerhard Schröder beispielsweise, als er den von ihm gerade abgeschafften demographischen Faktor bei der Rentenberechnung blitzschnell wieder einführte. „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern“, hat das einmal der große Konrad Adenauer auf den Punkt gebracht, „niemand darf mir verübeln, dass ich heute klüger bin.“ Da befindet er sich doch in guter Gesellschaft, unser Dieter, oder? Und überhaupt täte es der Politik gut, würde sie endlich weniger technokratisch (auch weniger ideologisch) und richtete sie sich dafür wieder stärker an den Menschen aus und ihren schlichten Bedürfnissen, momentanen Sorgen und Ängsten. Auch dieser fomme Wunsch ist uralt: „Einer der regieren will, muss Einblick haben in die Menschenherzen und dementsprechend handeln.“ Paracelsus hat das gesagt. Der geniale Arzt und Philosoph schwäbischer Abkunft lebte von 1493 bis 1541.