Das war wie ein Schlag in die Magengrube: Patientenverbände haben Zehntausende Behandlungsfehler aufgelistet, die Kranken tausendfach neues Leid gebracht haben. Die Meldung fügt sich nahtlos in eine ganze Reihe von Pfuschereien ein, die deutschen Berufsgruppen vorgeworfen werden. Da sind die Pfuscher in Nadelstreifen, die Pfuscher im Blaumann und nun auch die Pfuscher im Weißkittel.

Das ist nicht völlig falsch. Die Banker haben Vorschusslorbeeren verspielt, einige von ihnen die ganze Branche in Misskredit gebracht. Nicht jeder Fachmann mit Meisterbrief versteht sich gut aufs Autoreparieren. Aber auch denen, die fast immer eine glänzende Arbeit abliefern, unterlaufen in langen Berufsjahren Fehler. Das alles gilt natürlich auch für Mediziner, die eben keine Halbgötter in Weiß sind, sondern Menschen. Längst nicht jeder Schnitt im Operationssaal sitzt, längst nicht jedes Hüftgelenk passt, längst nicht jeder Herzschrittmacher ist richtig eingestellt. Das alles ist schlimm, bringt oft Leid oder lebenslange Pein. Jeder ärztliche Fehler ist einer zu viel. Fast nirgendwo sind die Folgen fataler. Deswegen ist es gut, dass Patienten genau hinschauen, die Medien in der Berichterstattung auch mal überspitzen.

Doch wer mit dem Finger auf Kliniken mit ihren mutmaßlichen Kurpfuschern und Quacksalbern zeigt, liegt falsch: Fast nirgendwo auf der Welt gibt es so eine große Zahl top ausgebildeter und moralisch einwandfreier Mediziner wie in Deutschland. Fast nirgendwo in den 197 Staaten dieser Erde kann man so - vergleichsweise - bedenkenlos ins Hospital gehen. Das System ist im Kern gesund. Wie sagten doch auf Geldspritzen erpichte Ärzte in einem anderen europäischen Industrieland? "Es muss nicht jeder 100 werden."