Heimlich, still und leise - drei Attribute, die dem Mann vor Zeiten so fremd waren wie dem Elefanten der Porzellanladen. Und nun: Heimlich, still und leise ist Guido Westerwelle ins Amt des Bundesaußenministers hineingewachsen. Er, der früher auf 18-Prozent-Sohlen im Guido-Mobil in den "Big Brother"-Container fuhr, unablässig "Steuern runter" in jedwedes Publikum rief und Hartz-IV-Beziehern spätrömische Dekadenz unterstellte, hat nun - ein Dreivierteljahr, nachdem er sich selbst aus dem Amt des FDP-Vorsitzenden katapultiert hatte - offensichtlich seine Rolle gefunden. Westerwelle gibt weniger Lärm und mehr Nachdenklichkeit von sich, ist, dem Amt angemessen, mittlerweile angenehm diplomatisch und steuert zur öffentlichen Debatte durchaus Nachdenkenswertes bei. Seine Anregung, einen europäischen Präsidenten direkt von den Bürgern der EU wählen zu lassen, ist ein vielleicht Kontroversen verursachender, aber doch bedenkenswerter Vorschlag. Sein Werben für eine europäische Verfassung ist ein Zeichen, dass er die Krise nicht nur als Krise, sondern auch als Chance verstehen will. Seine Mahnung an alle Parteien, sich im französischen Präsidentschaftswahlkampf zurückzuhalten, ist klug und richtig und wird im Ausland als solches aufgenommen werden. Und dass ihn jetzt der weißrussische Diktator Lukaschenko offen beschimpft, adelt Westerwelle gleichsam.
Klartext Heimlich, still und leise
Christoph Witzel 05.03.2012 - 00:00 Uhr
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