Thüringen schmückt sich gerne mit dem klingenden Namen Denkfabrik und gehört mit seiner Bildungspolitik durchaus in die Oberprima der Bundesrepublik. Doch echte Musterknaben sehen anders aus. Zieht man alle Teilnoten in wichtigen Kennziffern zusammen, reicht es für den Freistaat allenfalls für die Realschule. Die Bertelsmann Stiftung hat ihm wieder einmal ein durchwachsenes Zeugnis ausgestellt. Den guten Bewertungen für Innere Sicherheit und Bildung kann man folgen, aber die Zwei für die Forschungslandschaft wirft schon Fragen auf. Gerade auf der Forschungslandkarte sind seit der friedlichen Revolution viele markante Punkte ausradiert worden. Für die "weißen Flecken" spricht schon die geringe Wertschöpfung in der Wirtschaft, zumindest im Vergleich mit den alten Bundesländern. Ansonsten hätten die Löhne kräftiger angezogen und ganze Generationen von Facharbeitern und Ingenieuren wären nicht abgewandert. Tatsächlich verweisen die Bertelsmänner auf dieses Problem: ein starker Industriesektor, aber auch ein geringes Wohlstandsniveau, was eigentlich schlecht zusammenpasst. Thüringen wird in den nächsten Jahren im innerdeutschen Wettbewerb vielleicht um eine Bankreihe nach vorne rutschen. Zum Primus wird der Freistaat aber nie. Dafür gibt es Gründe. Mit einer alternden Bevölkerung lässt sich zwar auch ein ordentliches Wirtschaftswachstum erzeugen. Da aber die Zahl der Rentner steigt, wird die Wirtschaftsleistung pro Kopf logischerweise nur mäßig zunehmen. Wirklich beängstigend ist die Situation der Landesfinanzen, mit denen sich kein Staat machen lässt. Noch erhält Thüringen eine Vier. Machen die Finanzpolitiker so weiter, ist der Freistaat versetzungsgefährdet.