Zeitungen sind ja immer wieder für Überraschungen gut. Hätten Sie gewusst, dass Deutschland am 3. Oktober 2010 nicht nur den zwanzigsten Jahrestag seiner Wiedervereinigung feiert, sondern auch die Zahlungen der Folgekosten für den Ersten Weltkrieg beendet? Wie bitte?, fragen Sie - aber wenn Sie die Süddeutsche Zeitung gestern aufmerksam gelesen hätten, wüssten Sie Bescheid. Die berichtete nämlich, dass bis zu diesem Datum noch Restforderungen in Höhe von etwa 56 Millionen Euro zu begleichen sind. Nach der Niederlage des Kaiserreichs im Jahre 1918 legten die siegreichen Alliierten im berühmten Versailler Vertrag (eine Ursache für das spätere Erstarken des Nationalsozialismus) Deutschland harte Strafen auf - unter anderem Reparationszahlungen von 132 Milliarden Goldmark. Die wurden zwar mit Beginn der Weltwirtschaftskrise erlassen, aber Zins und Tilgung zweier hoher Anleihen aus den Jahren 1924 und 1929 blieben bestehen. Die Nazis weigerten sich, Geld an "Feindstaaten" zu überweisen; aber als die dann den Zweiten Weltkrieg verloren hatten, verpflichtete sich die Bundesrepublik 1953 in London, die Schulden, die bis 1945 entstanden waren, zurückzuzahlen, und sie tat dies auch bis 1980. Der Betrag, der zwischen 1945 und 1952 aufgelaufen war, wurde in London bis zu einer möglichen Wiedervereinigung Deutschlands ausgesetzt. Als diese dann 1990 zustande kam, wurden die letzten Raten von knapp 200 Millionen Euro fällig. Und die zahlen wir noch heute, was für das Finanzministerium ein völlig normaler Vorgang, für uns Ottonormalbürger aber schon eine ziemliche Überraschung ist. Und was lernen wir daraus? Die Geschichte lässt uns nicht los, und manchmal kostet sie auch eine Menge Geld. Und: Zeitungen sind immer wieder für Überraschungen gut.