Fünf Opfer lassen sich als Nebenkläger von Anwälten vertreten. Zwei Sachverständige geben mit ihren Gutachten Einschätzungen zur Schuldfähigkeit und zum Risiko, dass sich die Angeklagten nach Verbüßen einer Haftstrafe erneut strafbar machen könnten. Auch wenn sie sich nach der Festnahme kooperativ verhalten haben, droht ihnen die Sicherungsverwahrung.
Die Täter kopieren Elternfotos aus Instagram-Konten
Neben Nacktbildern kursierten auf Boystown aber auch Alltagsfotos von Kindern, offenbar gefunden und kopiert auf den öffentlichen Instagram- oder Facebook-Konten von arglosen Eltern. Für Material, das in den Augen der Pädophilen besonders gelungen war, bekamen Nutzer zur Anerkennung und zum weiteren Ansporn mitunter sogar Orden verliehen.
„Mit einem eigenen Account, den jeder Nutzer auf Boystown kostenfrei anlegen konnte, war es uns möglich, Aktivitäten im öffentlichen Teil der Seite einzusehen“, schildert eine BKA-Frau vor Gericht. „Eine Vielzahl von Verbreitungshandlungen fand allerdings in geschlossenen Bereichen statt.“ Um Vertrauen zu gewinnen und Zugang zu erhalten, posteten die Ermittler selbst künstlich erzeugte Bilder.
„Wer sich strafbar macht, soll sich nicht sicher fühlen“
Insbesondere Andreas G. und Alexander G. haben umfangreiche Geständnisse abgelegt. Ihre Ausführungen liefern Einblicke und Erklärungsansätze, wie es soweit kommen kann, dass Menschen das Leid Schutzloser ausblenden, um ihre Sexualität auszuleben.
Dass die Nutzer weiterziehen und im Darknet Nachfolgerplattformen schaffen werden, ist für die Ermittler schon jetzt eine Gewissheit. „Boystown ist aufgebaut worden, um Kontinuität sicherzustellen, als anderen Pädophilenforen abgeschaltet wurden“, berichtete eine BKA-Beamtin im Zeugenstand. Wie genau die Ermittler den Boystown-Hintermännern im Darknet technisch auf die Schliche gekommen sind, will die Staatsanwaltschaft nicht preisgeben. „Wer sich strafbar macht, soll sich nicht sicher fühlen, auch nicht im Darknet“, sagt eine Sprecherin. Das Urteil im Prozess fällt wohl Ende November.
Im Schattenreich der Pädophilen
Boystown
Mehr als 400 000 Nutzerkonten zählt das Portal, das über normale Internetsuchmaschinen nicht zu finden ist. Im virtuellen Schattenreich tauschen Pädophile Fotos und Videos, die teils schwersten sexuellen Missbrauch von Kindern zeigen – vorzugsweise von Jungen. Die mutmaßliche Führungsriege, vier Männer, sind Deutsche. Mehrere Monate hat das BKA sie observiert. Entscheidende Tipps sollen die Ermittler von der US-Heimatschutzbehörde und aus den Niederlanden bekommen haben.
Netzregeln
Wie der Alltag auf Boystown aussah, das haben BKA-Beamte als Zeugen im Prozess dargestellt. Die Ermittler beobachteten das Geschehen auf der Plattform ab Dezember 2020. Demnach gab es für das Posten von Beiträgen folgende Regeln: Bitte nur Videos und Bilder von Jungen, nicht von Kleinkindern, und keine körperliche Gewalt – als ob Kindesmissbrauch nicht Gewalt per se wäre.