Karfreitag Sterbestunde Jesu: O Haupt voll Blut und Wunden

Wolfgang Swietek
Zur „Sterbestunde Jesu“ bleibt der Altar der Kirche ohne Schmuck. Angestrahlt allerdings – eine Besonderheit in Brünn – der Taizé-Altar. Foto:  

Zur „Sterbestunde Jesu“ – am Karfreitag um 15 Uhr – treffen sich Christen in ihren Kirchen zu einer stillen Andacht. So auch im Kirchenkreis Hildburghausen-Eisfeld.

 
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Brünn/Eisfeld - Schon die Altargestaltung ist seit Alters her von der Trauer und dem Entsetzen über den Tod von Jesus geprägt. Der Altar ist an einem Karfreitag leer und unbekleidet. Der sonst übliche Blumenschmuck und die Altarkerzen fehlen. Nur die Bibel liegt darauf. Zehn Stumpenkerzen stehen auf schlichten Glastellern in gleichmäßigen Abständen in einer Reihe. Zu Beginn des Gottesdienstes brennen diese Kerzen, im Verlauf der Lesungen werden sie – von außen beginnend – eine nach der anderen ausgelöscht. Zuletzt verlischt die Kerze am Fuß des Kreuzes. Der Altar steht dann leblos und ungeschmückt bis zum Osterfest. So ist es Brauch beim größten Fest der Christenheit.

Ob in diesem Jahr überhaupt ein sogenannter Präsenz-Gottesdienst erlaubt war, oder nur eine digitale Übertragung im Netz, darum mussten die Kirchgemeinden im Landkreis bis zu letzten Tag bangen. Nun waren sogar statt der bisher erlaubten fünfundzwanzig Besucher fünfzig erlaubt, sofern der Platz ausreichte, um den nötigen Abstand einzuhalten. Doch das ist in den meisten Gotteshäusern durchaus der Fall.

Zu einer Mediation zur „Sterbestunde Jesu“ hatte die Kirchgemeinde Brünn in ihre Kirche eingeladen. Pfarrer Bodo Dungs konnte dafür den Kantor der Kirchgemeinde Hildburghausen, Kirchenmusikdirektor Torsten Sterzik, gewinnen, der mit Orgelklängen zu der besinnlichen Andacht beitrug. „Deine Passion will ich jetzt bedenken“, „Herzliebster Jesu, was hast du verbrochen“ und „O Haupt voll Blut und Wunden“ – diese Musikstücke ließen den Gedanken der Besucher freien Raum. So wurde durch die Musik „dem Leid ein Gesicht gegeben“.

An die schmucklose Gestaltung des Altars hatte man sich auch in Brünn gehalten. Doch hier gab es eine Besonderheit, auf die Pfarrer Bodo Dungs zu Beginn seiner Begrüßung hinwies – auf das beleuchtete Kreuz an dem neben dem Hauptaltar befindlichen Taizé-Altar. Von 1992 bis zum Jahr 2001 habe es enge Kontakte der Kirchgemeinde zum französischen Taizé gegeben. Mehr als 500 junge Leute aus der Region haben bei Busfahrten Taizé kennengelernt und sich mit dieser besonderen Geschichte auseinandergesetzt. „Mit dem Taizé-Kreuz verbinden wir den Auftrag zur Versöhnung“, sagt Pfarrer Bodo Dungs, „und das bis zum heutigen Tag.“

Durch die getragenen Orgelklänge und die Lesung der Passionsgeschichte kreisten die Gedanken der Besucher um den Tod Jesu, aber sicher auch um den Tod an sich, mit dem viele in Pandemiezeiten konfrontiert sind. Auch deren Tod wurde gedacht, haben doch viele im eigenen Bekanntenkreis Menschen, die sie durch das heimtückische Virus verloren haben.

In der Dreifaltigkeitskirche in Eisfeld stimmten Kantor Andreas Förster (Orgel), Lothar Vonderlind (Trompete) und Silvia Müller (Posaune) musikalisch auf die „Sterbestunde Jesu“ ein. Christine Pfrenger und Verena Müller hatten es übernommen, Passagen aus dem Passionsbericht aus dem Johannesevangelium zu lesen. „Sie nahmen ihn aber und er trug sein Kreuz und ging hinaus zur Stätte, die da heißt Schädelstätte, auf Hebräisch Golgatha. Dort kreuzigten sie ihn und mit ihm zwei andere zu beiden Seiten, Jesus aber in der Mitte.“ Und weiter im Text, der sicher vielen bekannt ist, jedoch immer wieder aus Neue berührt: „Pilatus aber schrieb eine Aufschrift und setzte sie auf das Kreuz, und es war geschrieben: Jesus von Nazareth, der König der Juden. Diese Aufschrift lasen viele Juden, denn die Stätte, wo Jesus gekreuzigt wurde, war nahe bei der Stadt. Und es war geschrieben in hebräischer, lateinischer und griechischer Sprache. Da sprachen die Hohepriester der Juden zu Pilatus: Schreib nicht: Der König der Juden, sondern dass er gesagt hat. Ich bin der König der Juden. Doch Pilatus antwortete: Was ich geschrieben habe, das habe ich geschrieben.“

Wie die Soldaten, die Jesus gekreuzigt hatten, sich deren Kleider teilten und über sein Gewand das Los warfen, wie sie ihm einen Schwamm, getränkt mit Essig, reichten, als Jesus sagte: „Mich dürstet“, so wird im Johannesevangelium weiter berichtet. Als nun Jesus den Essig genommen hatte, sprach er: „Es ist vollbracht!“ und neigte das Haupt und verschied.

Nach einer knappen halben Stunde verließen die Besucher in aller Stille die Dreifaltigkeitskirche. Gerührt von der alten, aber immer wieder berührenden Geschichte.

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