„Halten Sie ihre Beine nicht in einem Winkel von 45 Grad“
Das Problem des Manspreadings gibt es schon seit Beginn des öffentlichen Nahverkehrs. „Sitzen Sie mit geraden Gliedmaßen und halten Sie ihre Beine nicht in einem Winkel von 45 Grad, womit sie den Platz von zwei Personen beanspruchen würden“, schrieb die Times of London im Jahr 1836 in einem Artikel über gutes Benehmen im Bus, wie der Autor Clive D.W. Feather in seinem Buch „The History of Bakerloo Line“ schreibt.
Der Begriff des Manspreadings stammt aus dem Jahr 2013. Damals begannen Menschen in New York City in den sozialen Medien Fotos zu teilen, auf denen breitbeinig sitzende Männer und ihre gequält wirkenden Mitreisenden zu sehen waren. 2014 startete der New Yorker Nahverkehrsbetrieb eine Kampagne gegen das Manspreading. Ähnliche Kampagnen gab es seitdem in Südkorea, Japan oder Istanbul. In Madrid kann seit 2017 für Manspreading sogar eine Strafe fällig werden.
Brauchen Männer tatsächlich mehr Platz?
Der Widerspruch im Internet ließ nicht auf sich warten. Männer führten biologische Unterschiede an, um ihren erhöhten Platzbedarf und das Bedürfnis nach breitbeinigem Sitzen zu rechtfertigen. Wissenschaftliche Belege dafür gibt es nicht.
Das Phänomen hat stattdessen wohl mehr mit Geschlechterrollen in der Gesellschaft zu tun, sagt Bettina Hannover, Psychologin von der Freien Universität Berlin. „Männer sitzen stärker besitzergreifend und signalisieren mit ihrer Sitzposition Dominanz, während von Frauen erwartet wird, dass sie weniger Raum in Anspruch nehmen – und vor allem, dass sie sich zurückhaltend verhalten.“