Impfkampagne Auch ohne Priorisierung bleibt’s vorerst bei der Planwirtschaft

Ob werktags, feiertags oder am Wochenende, täglich von 7.30 Uhr bis in die Abendstunden sichern pro Schicht zwei Ärzte, drei medizinische Fachkräfte, ein Besucherlotse und ein Impfstellen-Ansprechpartner den reibungslosen Ablauf in der Köppelsdorfer Straße ab. Foto: /Carl-Heinz Zitzmann

Am Montag fällt die Priorisierung weg. Dass sich damit rasch ein Zugang zum Impfstoff auch für Jüngere verbindet? Steht nicht zu erwarten. Die Mittel sind nach wie vor knapp und werden für die Zweit-Spritze zurückgehalten. Umso ärgerlicher, wenn Einzelne ihre vereinbarten Termine platzen lassen.

 
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Sonneberg - Die Priorisierung von Covid-19-Impfungen zugunsten von Menschen, denen bei Ansteckung ein schwerer Krankheitsverlauf droht, entfällt ab 7. Juni. Dann werden auch die Betriebs- und Privatärzte in die Kampagne einbezogen. Dies sieht die zu Monatsbeginn geänderte Coronavirus-Impfverordnung des Bundes vor.

Mit Aufhebung der Priorisierung haben laut Verordnung alle danach impfberechtigten Personen, unabhängig von Alter, Gesundheitszustand sowie beruflicher Tätigkeit im Rahmen der Verfügbarkeit Anspruch auf den Schutz aus der Spritze. Zugelassene Wirkstoffe gibt es derzeit für Personen ab zwölf Jahre, fasst die Kassenärztliche Bundesvereinigung auf ihrer Homepage zusammen. Ungeachtet dessen obliegt es weiter den Ländern, Kommunen und impfenden Ärzten in eigener Verantwortung, vorrangige Impfangebote für noch nicht geimpfte Personen aus den (ehemaligen) Priorisierungsgruppen 1 bis 3 zu ermöglichen. Mit der Abschaffung der Reihenfolge entfallen ab 7. Juni auch die bisher vorzulegenden ärztlichen Atteste über bestimmte Vorerkrankungen.

Dass sich die Zettelwirtschaft aus Nachweisen des Arbeitgebers, Bestätigungen vom Doktor oder einem Beleg, wonach man Kontaktperson ist, zu Wochenbeginn erledigt, bleibt immerhin ein handfester Vorteil des neuen Reglements.

Doch warnt Christian Jauer zu glauben, es würde jetzt genügen sich einfach in die Warteschlange vor der Impfstelle in der Köppelsdorfer Straße einzureihen. „Ich gehe schon davon, dass da am Montag einige auf der Matte stehen“, äußerte der Einrichtungsleiter am Freitag. Doch ohne Termin – angefragt und zugesagt übers Online-Impfportal sei auch in Zukunft kein Piks zu haben, stellt er klar. „Der Wirkstoff muss für jeden Tag gerechnet werden.“ Entsprechend der Vorräte werden Termine vergeben – „das läuft alles sehr strukturiert“.

Zwar sieht Jauer gute Chancen, wonach die Produktion der Dosen noch diesen Monat gemäß der Ankündigungen aus Berlin anspringt. „Ich denke, dass bald deutlich mehr zur Verfügung steht.“ Doch bis der Engpass endgültig überwunden ist, bleibt es bei der Zuteilung auf Basis eines bestätigten Termins. „Beim Hausarzt oder bei den Betriebsärzten ist das nicht anders – verspritzt werden kann überall nur das, was da ist.“

Seit Mitte Januar ist Jauer im Auftrag der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen in dem Flachbau in bester Innenstadtlage zugange, um die Immunisierung zunächst von Senioren oder Vorerkrankten voranzutreiben. „Zählt man alles zusammen, sind bislang knapp 25 000 Spritzen gesetzt worden.“ Eine stolze Summe rund um die hochgekrempelten Arme, auf 200 Immunisierte lautet der Tagesschnitt. Zwei Drittel meinen Erst- und Zweitimpfung, hier haben die Menschen den kompletten Schutzstatus. Rund 10 000 Männer und Frauen haben ansonsten die erste Runde hinter sich. Und für dieses Klientel müsse zum gegebenen Zeitpunkt auch der zweite Piks gesichert sein – was wiederum die Möglichkeiten neuer Terminvergaben beschränkt. „Lagerkapazitäten sind sicherzustellen“, bringt es der Einrichtungsleiter auf den Punkt.

Ein Lob übermittelt Jauer – im erlernten Beruf übrigens Feinoptiker mit Zusatzstudium als Qualitätsmanager – in diesem Zusammenhang den Sonnebergern für deren Verlässlichkeit. Dass Termine platzen? Komme bestenfalls punktuell vor.

Der Trend, den Freies Wort am Donnerstag unter Verweis auf Beobachtungen der KV Thüringen vermeldete, wonach im Gefolge des Einstiegs der Hausärzte immer mehr Vereinbarungen unvorhergesehen storniert würden? Mag er für den lokalen Impfstellen-Ableger nicht bestätigen. „Das liegt wahrscheinlich daran, dass in Sonneberg gut ein Dutzend Hausärzte mitmachen. Oft passiert es, dass die Senioren ihren Arzt erkennen und umgekehrt. Das ist natürlich klasse für die Atmosphäre, wenn man sich gleich am Anfang gegenseitig mit einem freundlichen Wort begrüßt. In Impfstellen, die von Ärzten aus Bremen, Stuttgart oder aus sonstwoher abgesichert werden, geht’s sicher nicht so vertraulich zu, wie ich’s bei uns fast jeden Tag erlebe.“

Und sollte sich doch eine Lücke im Drei-Minuten-Takt auftun, liegen Listen der Hausärzte parat mit Patienten, die auf Zuruf fix nachrücken würden. Von daher wird täglich alles verbraucht, betont Jauer. Auf eine „happy hour“ am Schluss der Schicht in der Köppelsdorfer – bei der freihändig an den Mann oder an die Frau gebracht werden kann, was ansonsten entsorgt werden müsste – brauche daher auch in nächster Zukunft keiner zu hoffen. Ebenso wenig, wie auf den Stich ohne Termin.

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