Schönbrunn/Schleusingen - Sie schlugen Schneisen durchs Schutzgebiet, fällten Bäume für Sprungschanzen, errichteten Erdwälle, machten nachts Feuer und rasten immer wieder mit ihren Rädern mitten durch die Kernzone des Biosphärenreservats Vessertal - monatelang, illegal und vermeintlich unerkannt. Nun sind sieben wilde Mountainbiker von der Suhler Polizei geschnappt worden. Ein 32 Jahre alter Schleusinger wurde als Hauptverdächtiger ermittelt. Ihm drohen nun mehrere Anzeigen, Schadenersatzforderungen und ein Bußgeld von bis zu 20 000 Euro. Es ist das erste Mal im Thüringer Wald, dass eine Biker-Truppe derart dingfest gemacht worden ist.

Zu verdanken ist das der Revierförsterin Petra Pfannstiel. Die hatte - irgendwann im Mai und irgendwo in der Kernzone des Vessertal-Reservats - bei einem Rundgang eine 1,6 Kilometer lange illegale Crossstrecke entdeckt samt einer Feuerstelle, die noch glomm. "Der Parcours ging quer durch das Kerngebiet" erinnert sich ihr Chef, der Schönbrunner Forstamtsleiter Hubertus Schroeter, mit Entsetzen. "Und die Natur dort ist nicht ohne Grund geschützt - Biker wie diese haben bereits Vogelarten vertrieben, die auf der Roten Liste stehen."

Försterin Pfannstiel hatte wohl so genau hingeschaut und nachgeforscht, dass die Polizei irgendwann einem 32-jährigen Schleusinger auf die Spur kam. "Die Beamten waren unglaublich fleißig", lobte Thüringenforst-Sprecher Horst Sproßmann am Freitag die Suhler Ermittler. Der 32-Jährige war den Förstern zwar schon zuvor als Rad-Rowdy bekannt gewesen, und Beweisstücke wie zurückgelassene Werkzeuge hatten sie immer mal wieder im Wald gefunden. Doch nun gelang der Polizei erstmals konkret, einem Radler Umwelt-Frevel nachzuweisen.

Bei der Durchsuchung seiner Wohnung in Schleusingen fanden die Beamte nämlich Festplatten und Speicher-Sticks mit zahlreichen Fotos von den illegalen Bike-Rennen. Auf denen sei, wie Polizeisprecher Fred Jäger sagte, "die Täterschaft des Mannes klar ersichtlich" gewesen. Auch mindestens sechs Kumpel des Mannes seien auf den Fotos zu sehen gewesen. Auch gegen die werde nun ermittelt, ergänzte Jäger.

Zum Haupttäter machen den 32-Jährigen in den Augen der Polizei weitere Fundstücke in der Wohnung: Motorsägen, die im April und Juni in der Umgebung von Schleusingen gestohlen worden waren. Auch eine Einbruchserie in 16 Gartenhäuser in der Gemeinde St. Kilian aus dem Jahr 2013 wird dem Schleusinger Biker nun zur Last gelegt: Durch einen DNA-Abgleich sei, so die Polizei, das Diebesgut ebenso wie das einst im Wald gefundene Werkzeug "eindeutig" dem Verdächtigen zugeordnet worden. Das Mountainbike nahmen die Beamten dem Mann gleich weg. Welche Strafen, Bußgelder und Anklagen ihn nun erwarten, hängt von der Meininger Staatsanwaltschaft ab, die das Verfahren übernommen hat. Neben die Diebes-Delikten kommen etliche Verstöße gegen Naturschutz- Forst und Strafrecht zusammen.

Schwere Geschütze also, die gegen die Hobby-Radler aufgefahren werden - nach Ansicht der Forstleute völlig zu recht. "Dass es immer mal wieder Lausbuben gibt, die ohne Erlaubnis querfeldein fahren und Natur zerstören - nun ja, das wissen wir", sagt Forstsprecher Stroßmann. Da rede der Förster halt mal ein ernstes Wörtchen mit den Jungs, wenn er sie erwischt. "Aber das hier ist ein ganz anderes Kaliber. Sehr gravierend. Das sind Kriminelle." Und so behalte man sich auch Schadenersatzforderungen vor, etwa, was den Rückbau der Rampen und Wege betrifft.

Mit anderen Waldschäden, wie sie etwa durch den Forst bei der Baumernte entstehen, sei das nicht zu vergleichen, sagt Stroßmann. "Hier geht es um die geschützte Kernzone eines Biosphärenreservats. Da sind menschliche Eingriffe tabu." Auch deshalb wollen Naturschützer und Förster nicht verraten, wo genau die illegale Piste sich befindet. er