Heizwende-Folgen Fernwärme-Preis bald verdoppelt?

Eike Kellermann
  Foto: IMAGO/MiS/IMAGO

Mieter in Thüringer Städten können sich warm anziehen. Werden ihre Wohnungen mit Fernwärme versorgt, drohen auch ihnen stark steigende Preise.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Preise für Fernwärme in Thüringen könnten sich bis zum Jahr 2035 im Durchschnitt verdoppeln. Das haben Experten auf der Grundlage der geplanten Investitionen der Fernwärme-Versorger berechnet. Wie Marc Schmid von der Stadtwerke Jena Netze GmbH und Rico Bolduan von der Thüringer Wärme Service GmbH bei der Thüringer Wärmetagung am Mittwoch in Erfurt berichteten, wurden Planungen von 36 Versorgern, die 31 Fernwärme-Netze betreiben, ausgewertet. Aus Südthüringen gehörten Versorger in Meiningen, Schmalkalden, Suhl/Zella-Mehlis, Neuhaus und Sonneberg dazu.

Als Ursache für die stark steigenden Fernwärme-Preise nannten die beiden Experten die Investitionen in den grünen Umbau der Versorgung. Demnach wird aktuell zu 90 Prozent Erdgas verfeuert, damit die angeschlossenen Wohnungen warm werden. Wegen dieser hohen Abhängigkeit von dem Brennstoff, dessen Preis nach Kriegsbeginn in der Ukraine explodiert war, war die Fernwärme in Thüringen im vorigen Sommer die teuerste in ganz Deutschland.

Künftig soll ein Mix aus Energieträgern an die Stelle der Erdgas-Abhängigkeit treten. Gasbasierte Anlagen, wobei hauptsächlich an Wasserstoff gedacht ist, soll für 21 Prozent der Wärme sorgen. Die bisher so gut wie nicht genutzte Abwärme vor allem von Industriebetrieben soll 28 Prozent beisteuern. Strombasierte Anlagen, das ist die Wärmepumpe, werden demnach künftig für 30 Prozent der Wärme sorgen. Geothermie und Solarthermie sollen dann 17 und die Biomasse vier Prozent ausmachen.

Die Experten betonten, dass ihre Berechnung auf dem Fernwärme-Preis von 2020 beruht, der vergleichsweise niedrig war. Damit dürften die prognostizierten Steigerungen gemessen am aktuellen Preis nicht ganz so stark ausfallen. Zudem seien keine Förderungen einbezogen worden, die in Zukunft möglicherweise kämen. Außerdem gebe es große regionale Unterschiede. So könnten Versorger, die schon jetzt etwa durch Biomasse viel grüne Wärme erzeugen, kaum neu investieren müssen, während anderen ein Komplettumbau bevorsteht. Daher unterschieden sich die prognostizierten Preise um das Drei- bis Vierfache, so Rico Bolduan. „Da gibt es ganz klar eine Verwerfung.“

Nach dem Thüringer Klimaschutz-Gesetz mussten alle Wärmeversorger bis Ende 2022 Konzepte vorlegen, wie ihre Wärmenetze bis 2040 ohne fossile Brennstoffe auskommen sollen. Der Fachbegriff lautet De-Karbonisierung, also der Verzicht auf Kohlenstoff. Umweltminister Bernhard Stengele (Grüne) lobte die vorgelegten Konzepte als „klug, passgenau und durchdacht“. Die Versorger gehen davon aus, dass der Anteil der fossilen Brennstoffe für die Wärmeversorgung in Thüringen bis 2030 auf 50 und bis 2035 auf 20 Prozent sinken kann, wenn die Politik die richtigen Rahmenbedingungen setze.

„Die letzten Prozente werden die teuersten“, sagte Hennig Weiß vom Verband kommunaler Unternehmen in Thüringen. Er forderte staatliche Zuschüsse für die großen Investitionen in die Wärmewende sowie „deutlich verkürzte Planungs- und Genehmigungsverfahren“. Erfurt und Jena planen bereits spektakuläre Projekte für die Wärmewende. So möchte Erfurt die Erdwärme unter der Landeshauptstadt anzapfen. Allein die dafür nötige Probebohrung soll bis zu 30 Millionen Euro kosten. Seite 3

Bilder