Heimatgeschichte Bluttat zur Heubischer Kerwa 1932

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Im Gasthof von Victor Walther, hier auf einer alten Postkarte, nahm der tödliche Streit seinen Anfang. Foto: Archiv Schleevoigt

Vor 90 Jahren nahm die Heubischer Kirchweih einen tragischen Ausgang. Ein 33 jähriger Pelztierarbeiter aus Unterlind wurde am Kirmesmontag erstochen: aus politischen Motiven.

 
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„Schwere Bluttat als Kirmesabschluss in Heubisch, Unterlinder Einwohner erstochen, zwei Mupperger in Haft genommen“ so titelte die Sonneberger Zeitung am 2. November 1932. Arbeiter aus den Nachbarorten hatten die Kunde mit nach Sonneberg gebracht. Als die Redaktion nachfragte, wurde es zur Gewissheit: Der 33-jährige Unterlinder Karl G., Vater eines Kindes, war am Dienstagmorgen gegen 2 Uhr an den Folgen eines Messerstiches gestorben. Zwei mutmaßliche Täter wurden festgenommen, zwei Mupperger.

Wirtshausstreit um Politik

Der Hergang war so kurz nach der Tat noch nicht vollständig geklärt. Fest stand: Im Gasthaus Walther kam es zu einer erregten Auseinandersetzung mit politischem Hintergrund. Das Opfer Karl G. war eine Zeit lang Mitglied der NSDAP gewesen und sympathisierte mit der Partei auch weiterhin. Man vermutete, dass G. auf dem Nachhauseweg von drei seiner Kontrahenten verfolgt und niedergestochen wurde. Um 2 Uhr hatte er in der Vorstadt um Hilfe gerufen. Herbei eilende Menschen brachten ihn in ein Haus, wo er das Bewusstsein verlor und starb. Dr. Stapff aus Oberlind konnte nichts mehr für ihn tun. Ein Stich in die Leber war tödlich gewesen. G. soll noch gerufen haben „Der Wiener“, den Beinamen des Sohnes eines Milchhändlers aus Mupperg. Darauf wurden die Mupperger H. und T. morgens gegen 3.30 Uhr verhaftet. Die Kleidung des H. soll noch voller Blut gewesen sein.

Aufgeheizte Stimmung

Der Vorfall reiht sich ein in andere Berichte über die aufgeheizte Stimmung im Jahr 1932, als der soziale Friede in Deutschland den wirtschaftlichen Turbulenzen zum Opfer gefallen war. In Föritz beispielsweise, so berichtet eine Forschungsarbeit aus dem Jahr 1974, sei jeder zweite Familienvater arbeitslos gewesen. Besonders Kommunisten, aber auch Sozialdemokraten, wurden entlassen, während Nationalsozialisten bevorzugt eingestellt worden seien. Wer Arbeit hatte, musste hohe Steuern zahlen. In Schwärzdorf beispielsweise wurde 1932 die Bürgersteuer auf 750 Prozent erhöht, per Befehl des Landkreises gegen den Willen des Gemeinderates. Die wirtschaftlichen Probleme wurden von den Nationalsozialisten einer „bolschewistischen Misswirtschaft“ zugeschrieben.

Hintergrund

Kirmesdatum
Warum fand die Heubischer Kerwa 1932 erst im November statt? Dies kann der Mupperger Ortschronist Walter Friedrich erklären: Ein herzogliches Edikt von 1830 hat festgelegt, dass die Kirchweihen nach der ernte stattfinden sollen. Die Heubischer und die Mupperger wechselten sich an den letzten beiden Oktoberwochenenden ab. Erst vor etwa 50 Jahren etablierten sich die heutigen Kirchweihdaten.

Sonneberger Zeitung
Nachlesen kann man das Geschehen in der Sonneberger Zeitung, welche nach Terminvereinbarung im Stadtarchiv Sonneberg im Leseraum eingesehen werden kann. Die Sonneberger Zeitung erschien bis 1945 im Verlag Gräbe & Hetzer in Sonneberg.

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