„Heimat shoppen“ in Sonneberg Händler und Kundschaft bringen Leben in die Stadt

Sarah Jakob
IHK-Geschäftsstellenleiter Martin Kretschmann, die Citymanagerinnen Kathrin Gropp und Sue Bähring, Ladeninhaberin Jasmin Freytag, Bürgermeister Heiko Voigt, Projektleiterin Ricarda Wolff und IHK-Hauptgeschäftsführer Ralf Pieterwas blicken gespannt auf das Stadtfest-Wochenende. Foto: Carl-Heinz Zitzmann

38 Innenstadt-Akteure nehmen am „Heimat shoppen“ der IHK Südthüringen teil. Zu ihnen gehört Jasmin Freytag, in deren Geschäft eine Neuheit der Einkaufskampagne vorgestellt wurde.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Kunterbunt sind sind die meisten Ecken in Jasmin Freytags Concept-Store eingerichtet. Die gebürtige Steinacherin fertigt in diesem eigenhändig Baby- und Kinderbekleidung an, die zahlreichen Stoffe in ganz verschiedenen Farben und Mustern sind direkt rechts neben der Ladentür aufgereiht, gegenüber blickt der Besucher auf Oberteile, Strampelanzüge, Hosen und Jacken aller Art, die fein säuberlich an einer Kleiderstange hängen. Seit rund einem Jahr bietet Freytag in ihrem Verkaufsraum in der Juttastraße jedoch nicht nur nachhaltig produzierte Kindermode an. Regelmäßig finden in ihrem gemütlich eingerichteten Verkaufsraum auch Kurse für Eltern und ihren Nachwuchs statt. Ganz im Sinne eines sogenannten Concept-Stores eben, wie „Mines Nadelzauber“ einer ist. Er war der erste im Herzen der Spielzeugstadt und ist Teil der größten Imagekampagne des lokalen Einzelhandels in Deutschland, dem „Heimat shoppen“der Industrie- und Handelskammer. Mit entsprechenden Werbemitteln, Aktionen und Rahmenveranstaltungen soll diese die Kundschaft dazu animieren, wieder vermehrt in den Läden der heimatlichen Innenstadt vorbeizuschauen, ganz nach dem Motto „Kauf da ein, wo du lebst“.

Weil Freytag ihre Nähstube auf ganz besondere Weise zu einem Treffpunkt für Groß und Klein gestaltet hat, freuen sich Projektleiterin Ricarda Wolff, sowie der Hauptgeschäftsführer der IHK Südthüringen, Ralf Pieterwas, in der Juttastraße noch ein paar offizielle Infos zum Heimatshoppen verkünden zu dürfen. Dies hören sich Sonnebergs Bürgermeister Heiko Voigt und IHK-Geschäftsstellenleiter Martin Kretschmann sowie die die kreative Concept-Store-Inhaberin gern an. Doch was bedeutet der englische Begriff eigentlich? In Geschäften dieser Art werden nach einer eher nüchtern anmutenden Definition meist „eine Kombination aus Marken und Sortimenten angeboten, sie verkörpern eine moderne Auffassung des erlebnisreichen Einkaufens“.

Man darf auch einmal innehalten

Jasmin Freytag gibt ihrem wahrgewordenen Traum vom eigenen Laden allerdings einen Sinn, eine Geschichte, die sich an das Prinzip eines Concept-Stores anpasst, aber es auf ganz besondere Weise bedient. „Alles begann mit der selbst genähten Erstausstattung für meine Tochter“, erklärt die Mutter von mittlerweile zwei Kindern. Sie habe beim Stöbern nach hübschen wie praktischen Kleidungsstücken für die Kleine schnell den Eindruck gehabt, dass es wenig Auswahl an Ware mit vielen, bunten Farben nach ihrem Geschmack gebe. „Natürlich sind auch noch neutrale Naturtöne wie Beige im Trend, aber alles andere wird oft nach Blau und Rosa aufgeteilt“, schildert sie. Das fand sie schade – darf es doch gern etwas farbenfroher sein. Also beginnt sie, selbst zu nähen. Und aus dem eigens beigebrachten Hobby wurde schließlich eine Leidenschaft, die Stapel an handgemachten Waren größer und Freytag stellt auf Märkten aus. Im September vorigen Jahres ist es schließlich soweit: Ihr Geschäft feiert Eröffnung und bietet fortan Kunden eine feste Anlaufstelle für ihre Produkte. Das Besondere? „Ich wollte einen Platz kreieren, an dem Mütter kurz durchschnaufen, kurz die Kinder spielen lassen können. Auch eine Stillecke habe ich eingerichtet“, erklärt die Steinacherin mit Blick auf den gemütlichen Sitz- und Spielbereich.

Alles ist einladend eingerichtet, die Symbiose aus Kleiderladen und Treffpunkt gelungen: An einer Wand steht eine Kaffeemaschine, Milch und eine Hafervariante, ein paar bunte Tassen und mehrere Gläser reihen sich neben ihr auf. „Wenn sie wollen, können die Mütter auch einfach mal kurz einen Kaffee trinken“, schmunzelt die Inhaberin mit Blick darauf.

Heimat shoppen zum Stadtfest

Ihre Gäste zeigen sich begeistert von Freytags Verständnis für Mamas und Papas, die mit ihrem Nachwuchs durch die Fußgängerzone eilen, sowie von ihrem Gespür für den aktuellen Zeitgeist. „Selfmade-Sachen und Recycling, das sind heutzutage wichtige Themen“, erkennt Bürgermeister Voigt an. Da sie von der Stoffqualität überzeugt ist und Babykleidung nun einmal schnell zu klein wird, nimmt die begeisterte Modemacherin ihre Stücke gegen Gutscheine wieder zurück und präsentiert sie in einem Second-Hand-Bereich des Raumes.

Ricarda Wolff beginnt zusammen mit Ralf Pieterwas in „Mines Nadelzauber“ über das diesjährige „Heimat shoppen“ aufzuklären. Die Aussichten sind jedenfalls vielversprechend: 38 Akteure, darunter Händler, Dienstleister, Gastronomiebetriebe und Reisebüros nehmen an der Kampagne teil. Weil sie in Sonneberg zum fünften Mal stattfindet, gibt es zudem am Wochenende des Stadt- und Museumsfestes vom 22. bis 24. September verschiedene Aktionen und Angebote im ganzen Stadtzentrum verteilt. Und: ein neuer Shopping Guide für den Bereich Südthüringen wurde ausgearbeitet, damit ein jeder sich informieren kann über die verschiedenen Akteure, Öffnungszeiten und den Stadtplan. „Den Guide gibt es auch in ausgedruckter Form. Nicht, weil wir rückwärts gewandt sind, sondern weil wir wissen, dass die Nutzer eine solche Zusammenfassung auch gerne in der Hand haben“, erläutert Ralf Pieterwas. Am Festwochenende haben die „Heimat shoppen“-Teilnehmer außerdem sonntags von 13 bis 19 Uhr geöffnet.

Dann mit dem Guide in der Tasche einen entspannten Einkaufsbummel in der Spielzeugstadt machen, das gehe nach Ralf Pieterwas hervorragend in Sonneberg: „Die Ladenstraße, die ganze Substanz der Innenstadt – das sind in Sonneberg wirklich gute Voraussetzungen.“ Wenn dann die Vernetzung unter den Händlern auch noch stimmt, seien eine „prosperierende Innenstadt“ und stabile regionale Wirtschaftskreisläufe die Folge.

Nach dem Lob für das Stadtbild räumte Bürgermeister Heiko Voigt ein, dass er das Thema „lebhafte und erlebbare Innenstadt“ stets auf der Agenda habe. Er selbst befasse sich schon seit Anfang der 1990er damit, wie man dem Einzelhandel etwas Gutes tun und die Menschen dazu animieren könnte, in der Heimat einkaufen zu gehen. Und das angesprochene Netzwerk unter den Akteuren im Zentrum funktioniere sehr gut, vorangetrieben und unterstützt durch die Eigeninitiative der Stadtverwaltung sowie die beiden City-Managerinnen Kathrin Gropp und Sue Bähring, die ebenfalls in der Juttastraße vorbeigeschaut haben. Eine Verwaltung, die aktiv etwas für den Einzelhandel tut und einen Rahmen für derlei Kampagnen gibt, dass sei Pieterwas zufolge keine Selbstverständlichkeit. Dabei brauche das „Heimat shoppen“ genau so etwas: Events, die das Einkaufserlebnis flankieren, wie etwa das Stadt- und Museumsfest. Es reiht sich ein in eine lange Liste an städtisch organisierten Veranstaltungen, wie den „Längsten Adventskalender der Welt“ und die Wochen-, Jahr- und Flohmärkte.

Krisenjahre trafen die Branche

Und ein solches gemeinsames Wirken sei wichtig. Der Einzelhandel in Sonneberg kommt auf einen Umsatz von 155 Millionen Euro. Doch in den vergangenen Jahren beherrschten Krisen wie die Coronapandemie und die Inflation als Folge des Krieges zwischen Russland und der Ukraine die Branche ungemein. Einer Presseinformation der IHK zufolge machen sich in Thüringen die Kaufkraftverluste der Bevölkerung aufgrund der hohen Inflation bei der Dienstleistungsnachfrage mehr und mehr bemerkbar . Das geht aus einer Prognose des Ifo-Instituts aus dem Juli 2023 hervor. In den einkommensschwächeren ostdeutschen Bundesländern beobachtet man eine höhere Zurückhaltung beim Kaufen, als in Deutschland insgesamt. Bedenklich: Erste Branchen – außerhalb des Einzelhandels – melden aktuell gar Kurzarbeit an, weil Endverbraucher das Einkommen, welches ihnen zur Verfügung steht, für Lebensmittel und Produkte des täglichen Bedarfs ausgeben müssen.

Der negative Effekt werde zusätzlich dadurch verstärkt, dass dieses Jahr keine großen Nachholeffekte greifen, wie es im vergangenen Jahr der Fall war. Dennoch, der Ausblick auf 2024 stellt sich positiv dar: „Im kommenden Jahr dürfte sich das Kaufverhalten der privaten Haushalte allmählich stabilisieren.“ Ein geringerer Preisauftrieb in der Nachfrage nach „konsumnahen Dienstleistungen“, wie Bücher oder Kleidung, wird sich bemerkbar machen, außerdem rechnet man mit Löhnen, die im nächsten Jahr wieder stärker steigen dürften, als die Verbraucherpreise. Im Stadtzentrum blickt Jasmin Freytag nun zunächst auf ein aufregendes Stadtfest-Wochenende und die nächste Runde „Heimat shoppen“, in der sie ihre Kundschaft in ihrer kleinen Wohlfühloase für Familien begrüßen darf.

„Heimat shoppen“: Städteübersicht und Programm in Sonneberg

Heimat shoppen
 ist in Südthüringen möglich zu folgenden Terminen:

Suhl:
1. bis 10. September, 34 beteiligte Heimat-Shops Schmalkalden:
9. September, 31 beteiligte Heimat-Shops Schleusingen:
15. September, 32 beteiligte Heimat-Shops Hildburghausen:
22. bis 24. September, 22 beteiligte Heimat-Shops Sonneberg:
22. bis 24. September, 38 beteiligte Heimat-Shops Meiningen:
25. September bis 1. Oktober, 50 beteiligte Heimat-Shops Arnstadt:
30. September bis 1. Oktober, 36 beteiligte Heimat-Shops Eisfeld:
30. September bis 1. Oktober, 17 beteiligte Heimat-Shops

Aktionen zum Fest
 Während des Stadt- und Museumsfestes gibt es vom 22. bis 24. September einiges zu erleben im Spielzeugstadt-Zentrum. Die Innenstadt-Akteure bieten ihren Kunden dann ein buntes Programm mit vielfältigen Aktionen an. Am Festwochenende haben die beteiligten Läden zudem am Sonntag von 13 bis 18 Uhr geöffnet.

Bilder