Hassberge Brandgefährliche Angelegenheit

Weder Schornstein und noch Genehmigung sind nötig - trotzdem sind Ethanol-Kamine umstritten, und, so heimelig sie auch aussehen, auch brandgefährlich. Quelle: Unbekannt

Beim Hantieren mit einem Bioethanol-Ofen hat eine 16-Jährige in Kirchaich schwere Brandverletzungen erlitten. Nicht nur die Feuerwehr warnt dringend vor den Deko-Kaminen.

 
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Kirchaich/Kreis Haßberge - Es muss ein Schock gewesen sein: Als eine 16-Jährige am Sonntagabend bei einem Bio-Ethanol-Ofen im heimischen Kirchaich Brennflüssigkeit nachfüllen wollte, schoss ihr plötzlich eine Stichflamme entgegen. Offenbar hatte sie übersehen, dass der Ofen bereits brannte.

Das rät die Stiftung Warentest:

Fachgeschäft : Wenn Sie sich einen Kamin oder eine Deko-Feuerstelle kaufen wollen, sollten Sie dies im Fachgeschäft tun. Lassen Sie sich in jedem Fall den Kamin vorführen und wichtige Sicherheitshinweise geben.

Prüfbericht : Lassen Sie sich den Prüfbericht nach Norm 16647 eines unabhängigen Prüfinstituts vorlegen. Nur ein solcher Bericht ist zuverlässig. Verlassen Sie sich nicht alleine auf Zeichen auf der Verpackung oder in der Werbung. Sie sind leicht aufzudrucken.

Lesen: Vor dem Kauf sollten Sie die Aufstell- und Bedienungsanleitungen gelesen haben. Im Onlineverkauf fehlen häufig diese für den Verbraucher wichtigen Informationen.

Besonderheiten : Lassen Sie sich das Gerät genau erklären. Manche Deko-Feuerstellen oder Kamine lassen sich nicht "abstellen". Sie brennen in jedem Fall so lange, bis das Ethanol verbraucht ist. So lange müssen Sie die Flamme dann auch überwachen. Andere lassen sich löschen, indem die Luftzufuhr zur Flamme unterbrochen wird. Hier verbleibt das restliche Ethanol im Kamin. Das kann beim nächsten Entzünden gefährlich werden: Es könnten sich zündfähige Gasgemische in größeren Mengen bilden. Mehrere Unfälle mit schwersten Verbrennungen, zum Teil mit Todesfolge hat es in den letzten Jahren gegeben. Quelle: Stiftung Warentest 10/2016

Das Mädchen hatte keine Chance, den Flammen auszuweichen. Es erlitt schwere Brandverletzungen an Oberkörper und Armen. Dramatisch klang auch der Notruf, der die Feuerwehren Kirchaich, Priesendorf und Dankenfeld erreichte: Sie wurden zu einer vermeintlich brennenden Person alarmiert. Die Feuerwehrkameraden, die dann zuerst an Ort und Stelle waren, fanden dann die Jugendliche "nur" mit Brandverletzungen vor.

Die Jugendliche habe in ihrem Bad eine "bereits kontrolliert brennende und offene Flamme eines kleinen Heizgerätes mit Bio-Ethanol aus der Flasche aufgießen" wollen, erklärte Polizeihauptkommissar Joachim Wolf von der Haßfurter Polizeiinspektion dazu am Montag. "Dabei kam es zu einer Verpuffung, sodass ihre Kleidung schlagartig Feuer fing. Ihre Eltern eilten ihr sofort zur Hilfe und sorgten dafür, dass der Brand gelöscht wurde." Lebensgefahr habe laut Joachim Wolf aber zur Erleichterung aller nicht bestanden.

Als Erste vor Ort waren die Kameraden der Feuerwehr. Bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes kümmerten sie sich um die 16-Jährige und leisteten Erste Hilfe. Nach der Erstversorgung durch den Rettungsdienst wurde das Mädchen dann mit dem Rettungshubschrauber in eine Spezialklinik geflogen. Betreuung hatte auch die Familie nötig: Ein Notfallseelsorger wurde hinzugerufen, bis er eintraf, waren aber auch hier wieder die Feuerwehrkameraden Freund und Helfer.

Der Einsatz von Bio-Ethanol als Brennstoff hat seine Tücken. Nicht nur Brandverletzungen registrieren die Feuerwehren durch unsachgemäßen Gebrauch, auch zu Rauchgasverletzungen ist es schon gekommen. In München war bei einem Unfall mit einer ethanolgespeisten Feuerstelle Anfang des Jahres sogar eine Frau gestorben.

Zwar gibt es keine Statistik über derartige Unfallzahlen, doch Berichte über entsprechende Vorfälle häufen sich. Nach wie vor liegen insbesondere die Deko-Kamine mit Bio-Ethanol im Trend. Sie sind vergleichsweise günstig, verbreiten durch die sichtbare Flamme eine Art heimelige Lagerfeueratmosphäre und sind dennoch modern. Doch die Stiftung Warentest stuft Bioethanol-Kamine als "brandgefährliche Deko" ein und warnte bereits vor sieben Jahren auf ihrem Internet-Portal test.de vor der "Gefahr im Wohnzimmer". Ethanol sei ein gefährlicher Brennstoff, der bei Temperaturen über 21 Grad Celsius zusammen mit Luft ein leicht entzündliches, sogar explosionsfähiges Gemisch bilde: "Aufgrund seiner leichten Entzündbarkeit wird Ethanol auch gezielt als Brandbeschleuniger eingesetzt." Mittlerweile muss nun schon auf der Verpackung - neben vielen anderen Hinweisen - darauf hingewiesen werden, dass das Gerät nur in gut belüfteten Räumen und nur für den dekorativen Gebrauch bestimmt ist.

Für Heizgeräte greifen Regelungen, die zahlreiche Vorgaben zur Sicherheit der Geräte machen. Ethanol-Kamine und Deko-Feuerstellen aber könnten ungeprüft auf den Markt gebracht werden, so die Stiftung Warentest. Überwachte Sicherheitsregeln für diese Geräte gibt es nicht, somit auch kein GS-Zeichen für "Geprüfte Sicherheit". Eine neue Norm mit Anforderungen an die funktionelle Sicherheit (DIN 16647) ist dagegen erst vor wenigen Monaten veröffentlicht worden. Auf die gilt es also zu achten, auch wenn auch diese nicht vollständig vor einer Fehlbedienung schützen kann.

Ihre Beliebtheit verdanken die Bio-Ethanol-Öfen auch ihrer einfachen Handhabung. So sind sie nicht nur leicht aufzubauen, sondern benötigen auch keinen Abzug. Dies wiederum rief auch schon das Fraunhofer-Institut für Holzforschung, das Wilhelm-Klauditz-Institut (WKI) in Braunschweig auf den Plan: "Da die Öfen die Abluft nicht ins Freie leiten, gelangen die Verbrennungsprodukte direkt in den Wohnraum", teilte das Institut vor einiger Zeit mit. Dazu gehören feine Verbrennungspartikel sowie die Reizgase Stickstoffdioxid und Formaldehyd und die krebserregende Substanz Benzol. Theoretisch sollte Ethanol zwar vollständig zu Kohlendioxid und Wasser verbrennen. Ob dies in der Praxis auch geschehe, hänge aber von der Qualität des Brennstoffs und Faktoren wie der Art des Brennstoffs oder der Verbrennungstemperatur ab. Klar ist: Je öfter und je länger die Öfen brennen, desto mehr Schadstoffe gelangen auch in die Luft. Wie gesundheitsschädlich die gemessenen Substanzen sind, konnte das Fraunhofer-Institut abschließend nicht klären, gibt aber eine Empfehlung ab: Die Öfen sollten nur in großen und sehr gut gelüfteten Räumen betrieben werden.

Dass sich viele Menschen der Gefahr nicht bewusst sind, die von Bio-Ethanol-Öfen ausgehen kann, das weiß auch Thomas Neeb, Kreisbrandmeister im Landkreis Haßberge und zuständig für den Bereich Oberaurach, der am Sonntagabend in Kirchaich vor Ort war. Er rät den Besitzern zur doppelten Vorsicht. "Bei Ethanol-Öfen ist ganz wichtig, dass man diese erst nachfüllt, wenn der Ofen komplett abgekühlt ist", mahnt Thomas Neeb. In der Regel sollte dies frühestens nach ein bis zwei Stunden der Fall sein. Wenn der Ofen oder Kamin immer noch warm oder sogar heiß sei, könne die Flüssigkeit immer noch "ausgasen" und sich dadurch entzünden. Und dann könne es auch zum Schlimmsten führen: "Wenn das dann auf den Körper kommt, kann auch der Körper zu brennen beginnen."

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