Globaler Klimaschutz Zu wenig, zu langsam, zu ineffizient

Markus Brauer/AFP/

Die Erderwärmung schreitet unaufhaltsam voran. Ganz im Gegensatz zu den globalen Bemühungen die Folgen des Klimawandels noch einzudämmen. Eine neue Klimastudie zieht eine desaströse und niederschmetternde Bilanz.

 
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Abertausende Photovoltaik-Module in Hami, einem chinesischen Regierungsbezirk im Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang. Foto: Imago/NurPhoto

Die Anstrengungen beim Klimaschutz rund um den Globus hinken einer neuen Studie zufolge weit dem Ziel hinterher, die Erderwärmung auf ein erträgliches Maß zu begrenzen. An Tempo fehlt es unter anderem in den Sektoren Energie, Industrie, Transport sowie dem Umbau der Land- und Forstwirtschaft.

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Einzig die weltweiten Verkaufszahlen für Elektroautos sind auf Linie mit dem Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen, wie der am Dienstag veröffentlichte Bericht „State of Climate Action“ des World Resources Institute (WRI), des NewClimate Institute sowie Climate Analytics und des Bezos Earth Fund zeigt.

Trostlose Bilanz beim Klimaschutz

In der Studie wird das 2015 in Paris vereinbarte 1,5-Grad-Ziel konkret übersetzt in Vorgaben für einzelne Sektoren. Die Bilanz ist trostlos, wie die Studienautorin Sophie Boehm vom WRI erklärt.

„Trotz jahrzehntelanger eindringlicher Warnungen und Weckrufe haben unsere Politiker dabei versagt, auch nur annähernd Klimaschutz im erforderlichen Tempo und Umfang zu mobilisieren.“ Von 42 untersuchten Indikatoren sei nur der Verkauf von Elektroautos auf dem richtigen Weg, um die errechneten Etappenziele für 2030 zu erreichen.

Hier einige Beispiele aus dem Bericht

  • Regenerative Energien: Der Anteil von Solar- und Windenergie ist in den vergangenen Jahren jährlich im Schnitt um 14 Prozent gestiegen. Nötig wären aber 24 Prozent, um bis 2030 auf 1,5-Grad-Kurs zu kommen.
  • Kohleausstieg: Beim Kohleausstieg müsste sich das Tempo der Studie zufolge versiebenfachen. Umgerechnet bedeutet das, dass jährlich bis 2030 etwa 240 Kohlekraftwerke stillgelegt werden müssten.
  • Waldzerstörung: Von 2021 bis 2022 habe sich die entwaldete Fläche von 5,4 auf 5,8 Millionen Hektar vergrößert, was in etwa der Fläche Kroatiens entspreche.
  • Klimaschädliche Subventionen: Trotz gegenteiliger Versprechen schossen die staatlichen Subventionen für Öl, Gas und Kohle von 2020 auf 2021 um nahezu das Doppelte nach oben, – auch wegen der Energiekrise im Zuge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine.

Claire Fyson von Climate Analytics betont, es sei absurd, angesichts der eskalierenden Klimakrise weiter in großem Stil in Gas- und Kohlekraft zu investieren. Auf der UN-Klimakonferenz in Dubai im Dezember müssten alle Regierungen weltweit einen fairen und schnellen Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle vereinbaren.

Umfrage: Größte Risiken für Deutschland

Nicht nur Fachleute, auch große Teile der deutschen Bevölkerung sorgt sich um das Klima und die Zukunft der Menschheit. Die globale Klimakrise und zunehmende gesellschaftliche Konflikte stellen aus Sicht der Bundesbürger die größten Risiken für die künftige Entwicklung des Landes dar.

Das geht aus dem aktuellen „Future Risks Report“ des Versicherungskonzerns Axa in Köln hervor. Dieser basiert auf mehreren repräsentativen Meinungsumfragen.

Klimawandel

Demnach stellt der Klimawandel für 57 Prozent der Menschen in Deutschland bereits heute ein „präsentes Risiko“ dar, mit dem also schon zu rechnen ist.

Ein Großteil der Deutschen zweifelt an einer erfolgreichen Bekämpfung des Klimawandels. Nur 18 Prozent halten es für wahrscheinlich, dass das im Pariser Klimaabkommen festgelegte Ziel der Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius erreicht wird. 77 Prozent glauben darüber hinaus, dass die öffentlichen Stellen nicht ausreichend darauf vorbereitet sind, das Risiko des globalen Klimawandels zu beherrschen.

Soziale Spannungen

51 Prozent der Befragten, also ebenfalls etwas mehr als die Hälfte der Bevölkerung, sehen in gesellschaftlichen sowie sozialen Spannungen ein „präsentes Risiko“. Zugleich stimmen laut Axa 82 Prozent der Aussage zu, dass „Ungleichheiten immer gravierender werden und zu zunehmenden gesellschaftlichen Spannungen sowie sozialer Zersplitterung führen“.

Ungleichheiten

Als maßgebliche Ursache für gesellschaftliche Spannungen werden von 33 Prozent der Befragten in Deutschland dabei „zunehmende Ungleichheiten und steigende Lebenshaltungskosten“ genannt. Unter Frauen sind es 38 Prozent, während nur 28 Prozent der Männer Ungleichheiten als treibende Kraft sehen.

Migration

Sie wird von insgesamt 29 Prozent der Menschen hierzulande als ein maßgeblicher Auslöser für gesellschaftliche Spannungen betrachtet, wobei der Wert mit dem Alter ansteigt. Während nur 16 Prozent der 25- bis 34-Jährigen dies so sehen, sind es bei den über 65-Jährigen sogar 39 Prozent.

Deutsche besonders pessimistisch

Laut Axa sind die Deutschen mit Blick auf die Risiken von Klimawandel und gesellschaftlichen Spannungen im internationalen Vergleich zudem besonders pessimistisch. Im weltweiten Schnitt nehmen lediglich 47 Prozent und damit deutlicher weniger Menschen die Erderwärmung als bereits heute „präsentes Risiko“ wahr. Gesellschaftliche Spannungen landen der Versicherung zufolge wiederum in keinem anderen Land derart weit oben auf der Risikorangliste.

Der Axa „Future Risks Report“ basiert auf Umfragen der Institute Ipsos und Yougov in Deutschland. Parallel wurden vergleichbare Umfragen von der Versicherung auch in 14 anderen Ländern weltweit in Auftrag gegeben. Der diesjährige „Future Risks Report“ ist der zehnte in Folgen, den Axa veröffentlicht.