Das 1958 erschienene Buch, das mehrmals verfilmt wurde, verschwieg die wichtige Rolle, die Zacharias Zweig neben den politischen Häftlingen für das Überleben des Jungen spielte.
Jahrzehnte später wurde die Frage, wie dieses Kleinkind vor einem geplanten Kindertransport in das KZ Auschwitz bewahrt wurde, wieder zum Thema. Stefan Jerzy Zweig wurde nämlich im letzten Moment von der Transportliste gestrichen.
Ein älterer Sinto-Junge namens Willy Blum wurde schließlich mit der für Zweig vorgesehenen Listennummer in den Tod geschickt. Eine Erinnerungstafel für Zweig in Buchenwald wurde in der Folge abmontiert und durch eine Tafel ersetzt, in der er anonymisiert als eines der Tausenden Kinder erwähnt wird, die in dieses KZ verschleppt wurden.
Zweigs Überlebensgeschichte vor Gericht
Im Jahr 2006 verklagte Zweig den Autor Hans Joachim Schädlich, weil eine Figur in dessen Roman "Anders" sagte, Zweig könne sich nicht eingestehen, dass er wegen der Ermordung eines anderen überlebt habe. Zweig fühlte sich persönlich angegriffen. Er sei überzeugt, dass er als Opfer des Nazi-Regimes Schädlich und seinem Verlag "keine Rechenschaft über sein Verfolgungsschicksal schuldet", hieß es in der Klageschrift.
Zweig zog einige Jahre später auch gegen den Begriff "Opfertausch" vor Gericht, den der damaligen Leiter der Gedenkstelle Buchenwald im Zusammenhang mit Zweigs Rettung benutzt hatte. Beide Fällen endeten mit einem Vergleich.
Für die Erinnerung an Willy Blum hatten diese Debatten einen positiven Effekt. Sein Schicksal wurde endlich erforscht. Die Historikerin Annette Leo schilderte ihrem Buch "Das Kind auf der Liste" anhand von Lagerdokumenten, dass der 16-Jährige sich freiwillig zum Transport nach Auschwitz gemeldet hatte, um seinen kleinen Bruder zu begleiten.
Zweig lebte nach dem Krieg in Israel, Frankreich, der DDR und schließlich in Österreich, wo er als Kameramann arbeitete. Er litt zeitlebens an den psychischen und körperlichen Folgen seiner Inhaftierung.
Spät gelang es ihm doch noch, seine Geschichte selbst zu erzählen. Im Jahr 2005 veröffentlichte er im Eigenverlag seine Biografie mit dem Titel "Tränen allein genügen nicht".