Im gesamten Gazastreifen ist die Bevölkerung nach Angaben der Experten mit einem hohen Maß an akuter Ernährungsunsicherheit konfrontiert. Nicht nur im Norden, sondern inzwischen auch im Süden habe sich die Situation für die Menschen massiv verschlechtert, so die Experten. Sollten die Feindseligkeiten nicht aufhören und humanitäre Hilfe nicht bald in großem Umfang die bedürftigsten Menschen erreichen, drohe im schlimmsten Fall auch für den Rest des Gazastreifens die unmittelbare Gefahr einer künftigen Hungersnot.
Die offizielle Einstufung als Hungersnot bedeutet konkret, dass mindestens 20 Prozent der Bevölkerung von extremem Mangel an Nahrung betroffen sind. Zudem leidet laut IPC dann mindestens jedes dritte Kind unter akuter Mangelernährung. Außerdem kommt es zu mindestens zwei Todesfällen pro Tag pro 10.000 Einwohner, verursacht durch unmittelbaren Hungertod oder durch die Kombination aus Mangelernährung und Krankheiten.
Durch die Erklärung einer Hungersnot wird zwar keine formelle internationale Reaktion ausgelöst - sie gilt aber als größtes Alarmzeichen für den bevorstehenden Tod Zehntausender Menschen. Seit 2010 wurden zwei Hungersnöte von der IPC-Initiative festgestellt – 2011 in Somalia und 2017 im Südsudan. Beide Ereignisse führten zu weitverbreiteter akuter Mangelernährung und zum Tod von Zehntausenden Menschen.
Der extrem eingeschränkte Zugang der humanitären Hilfe zum und innerhalb des Gazastreifens behindere weiterhin die sichere und gerechte Bereitstellung lebensrettender Hilfe, hieß es weiter. Man klage seit geraumer Zeit über schwerwiegende Einschränkungen bei der Lieferung von Gütern und der Grundversorgung. Als Ergebnis verzichten den neuesten Daten des IPC-Berichts zufolge praktisch alle Haushalte täglich auf Mahlzeiten und Erwachsene reduzieren ihre Mahlzeiten, damit Kinder essen können.
Hintergrund der Not im Gazastreifen sind massive Bombardierungen und eine Bodenoffensive Israels in dem Küstengebiet in den vergangenen Monaten. Das Militär Israels reagiert damit auf das schlimmste Massaker in der Geschichte des Landes, bei dem Terroristen der islamistischen Hamas sowie anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober in Israel rund 1200 Menschen ermordet und 250 entführt hatten. Laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden in Gaza mehr als 31.500 Menschen getötet.