Freies Wort hilft „14 .000 Euro? – Vater wird’s kaum glauben“

Klaus-Ulrich Hubert

Als diese Zeitung mit dem Verein „Freies Wort hilft“ am 17. März zu Spenden für Rolf Juffa aufrief, hätte der 78-Jährige in seiner Manebacher Brandruine nie mit so viel Mitbürger-Solidarität inmitten der Corona-Pandemie gerechnet. Jetzt hat ihm das Hilfswerk 14. 000 Euro überweisen können.

 
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Manebach/Camburg/Suhl - Es war alt, es war klein aber es war sein geliebtes Elternhaus, das naturumgebene Zuhause seiner Kindheit. Und seit Jahrzehnten längst auch der Altersruhesitz von Rolf Juffa. Bis all das am 13. März bis auf die Grundmauern niederbrannte.

Im Juni hofft der entwurzelte Rentner, trotz einiger Krankheiten, sein 79. Lebensjahr vollenden zu können. Immer auch noch die Corona-Pandemie-Angst im Nacken. Nur wo? Darauf hat er auch zu Wochenanfang im Gespräch mit seiner Heimatzeitung noch keinerlei Antwort. In Camburg nahe Jena hat der Manebacher Rentner seither freundlichste Einladung und Aufnahme gefunden. „Dass ist gut so, sehr gut sogar“, sagt der Sohn Silvio. Denn die nach dem Feuer probierte liebevolle Einquartierung in dessen kleinem Wohnbungalow – fast in Rufweite zur Brandstelle – scheitert an dessen „Größe“. Dort, wo Rolf kurze Zeit sofort nach der nicht mehr zu stoppenden Einäscherung seines bisherigen Zuhauses und bescheidenen Eigentums bei Silvio unterkam, würde es für zwei erwachsene Männer auf Dauer zu viel eng.

„Vater braucht neben meiner – von ihm bisher täglich gewohnten Zuwendung und Betreuung – doch ein wenig mehr Platz. Bei all seinem weiteren Pflegebedarf und insbesondere bei seiner unaufhaltsamen Erblindung. Mit der hatte er sich bisher arrangiert, sich gewohnt und geübt gerade noch so in seinen vier Wänden betun und hindurchtasten können“, sagt Silvio Juffa. Auf dem Ehebett des noch nicht lange verwitweten Sohnes wie das sprichwörtliche Häuflein Unglück zwischen ersten Kleiderspenden sitzend, nickte nach dem Feuer der Vater fast ein wenig abwesend zu den Worten seines Sohnes. Es schien für Momente so, als würde der Vater sich vor dem – für ihn ja immer noch unfassbaren Geschehen – in einen schützenden Kokon zurückziehen. So nah dran an seiner unverletzt überlebten Unglücksstelle erstmal zu Ruhe und Besinnung zu kommen, Abstand zu gewinnen, das war Mitte März erstes Gebot.

Von der Ilm an die Saale

Und dann klingelte das Telefon, Rolfs alter Freund (ein Witwer ) dran: „Bis du eine bessere Idee hast, kommst du mal schön von deiner Ilm zu mir an die Saale, Rolf!“ Seine Traumbilder, wie das 1945 mit bescheidensten Mitteln von den Eltern als erstes auf dem sogenannten Goldhelm über Manebach errichtete Wohnhaus am 13. März in Flammen aufging, drängten sich dennoch mit in Rolfs Reisegepäck. Der unerklärliche Ölofen-Defekt, das Häuschen voller Dampfschwaden, dann die Verpuffung, der Feuerwehrgroßeinsatz bei schwieriger Zuwegung… Diese Bilder kriegt der betagte Manebacher auch jetzt noch nicht aus dem Kopf.

Dennoch. In der schönen Lage seiner Heimat auf Zeit in Camburg an der Saale bleibt dem Vater wie seinem Sohn der „Riesentrost“, dass „wenigstens verhindert werden konnte, dass das angrenzende Haus meiner Nachbarn in Mitleidenschaft gezogen wird“, sagt Rolf Juffa. Der Umstand bewegte den alten Mann schon wenige Tage nachdem er sein Zuhause verloren hatte. So als wäre es in dem Moment seine aller größte Sorge.

Da fing der Rentner, dem gerade nichts weiter blieb, als ein Paar Hausschlappen und die Kleidung auf dem Leibe, gerade erst an, zu realisieren was eigentlich passierte. Überlegungen, wie die Zukunft aussehen könnte, die passten noch lange nicht in seinen Kopf hinein. In dem machte sich stattdessen auch „meine Eselei breit, dass ich von meinen 900 Euro Rentnereinkommen nicht auch noch etwas für eine Hausversicherung abzwacken konnte.“

Beim Kumpel in Camburg

Sohn Silvio, Taxifahrer zum Mindestlohn und in Corona-Teilzeit, er versucht zu Wochenbeginn mühsam bei einer Gesamtsituations-Bestandsaufnahme mit dem Hilfswerk seiner Heimatzeitung ein Lächeln: „Na, ich sehe ja gerade meinen Rolf in Camburg so richtig vor mir, wenn ihn sein Kumpel ruft, dass er ihm mal bitte beim Hühnerfüttern helfen könnte. Oder seinen Gastgeber und Freund auf dem Weg zum Friedhof begleitet. Dessen Frau starb im Klinikum Bad Berka bei einer OP“.

Dass Rolf die Nachricht über den großen, bis weit ins Internet hinein aufgefächerten Erfolg der Freies Wort-Leserspendenaktion samt kommunaler Mitorganisation auch erstmal „verdauen“ werden müsse, merkte Sohn Silvio „schon vor der 14 000 Euro-Siegesmeldung“. Denn am vergangenen Wochenende, als er auf „klassische Weise Vaters Kontoauszüge von der Sparkasse abholte“, da hätte sich der Sohn „auch erstmal irgendwo hinsetzen müssen.“

Aber nun „sogar gleich 14 000 Euro auf seinem Sparkassenguthaben sehen zu können – mein Vater wird’s kaum glauben können!“ Mit ebenfalls fast ungläubigem Staunen findet der Sohn selbst kaum „ausreichend gute Dankeschön-Worte an Leserinnen und Leser, den Hilfsverein und viele andere Spender“.

Zwei nette Kerle

Dass Vater und Sohn dadurch einige Bewegungsfreiheit für die nächsten Aufgaben haben, freut viele Manebacher, die den beiden das Prädikat „nette Kerle“ attestierten. Auch Ortsteilbürgermeister Stefan Schmidt, der innerorts die Spenden mit koordinierte, freut sich mit. Und er gehört zu „unseren Hoffnungsträgern, wie es nun auf dem eigentlich so wunderschön gelegenen Grundstück weitergehen kann. Das soll ja nicht ewig den traurigen Anblick eines Brandmales bieten. Weder für den Ort noch für die hilfreichen Nachbarn, die damals die Rauchschwaden sahen, die Feuerwehr holten und Vater zum Glück schnell hinaus ins Freie rannte.“

Doch die größten Probleme sind diese: An einen Wiederaufbau ist bei den Juffas finanziell nicht zu denken. Für den Abriss der Brandruine samt „besenreiner“ Wiederbebaubarkeit des Grundstücks Goldhelm Nr. 5 steht ein befreundeter Betrieb von Silvio bereit. Der staunte übrigens zunächst mal bei Grobkalkulation, dass „die Entsorgung der angebrannten Teerpappe-Reste teurer als Asbest sein sollen“. Aber die Hauptsorge: Es soll aus früherer Zeit einen alten Ratsbeschluss für nur sehr restriktive Möglichkeiten eines Wiederaufbaus dort oben geben. Doch nur der Grundstücksverkauf des landschaftlichen Filetstückes am Südostrand des Ilmenauer Ortsteils, von Wald umgeben und dennoch nach Süden zur Sonne offen, kann die Juffa-Männer ihrer Hauptsorge entledigen.

„Wer kauft denn sowas?“

„Aber wer kauft denn sowas, wenn er nicht darauf – zumindest etwas – größer bauen kann als meine Großeltern 1945 nach Kriegsende?“, fragt Silvio und hofft, dass es eine bürokratiearme Lösung mit der Stadt Ilmenau gibt: „Denn noch findet keiner den einschränkenden Beschluss des Rates von anno dazumal.“

Silvio Juffa weiß manchmal „nicht mehr bei den tausend notwendigen Wegen, Abmeldungen und anderen Bürokratieerledigungen“, wo ihm der Kopf steht. „Telefon- und auch die Elektro-Abmeldung bei den Stadtwerken beispielsweise, die gingen ja fix. Aber was ich seitens unseres Wasser- und Abwasserzweckverbandes Wavi mit Stilllegung, Abmeldung und dem gar nicht gewollten Rückbau der Wasserversorgung erlebe… da reicht Ihr Platz in der Zeitung heute nicht“, so der Sohn.

Und dann werden das dieser Tage doch wieder „nur meine zweitgrößten Sorgen“. So Rolf Juffas nach Kräften alles vor Ort regelnde Sohn nach dem jüngsten Telefonat mit dem Vater in Camburg. „Mein Rolf, der war plötzlich so still. Das macht mir Sorgen. Trotz der Freude über seinen Kontostand nach Ihrer Leser-Spendenaktion“, sagt Silvio. Es klinge vielleicht doch auch etwas nach Heimweh, weil man alte Bäume bekanntlich nicht verpflanzen sollte.

Wo der Manebacher im Sommer vielleicht seinen 79. Geburtstag begehen könnte, steht in den Sternen. Silvio Juffa prognostiziert: „Wird wohl ein Heimplatz oder betreutes Wohnen werden müssen. Je nach dem, was wir uns dann leisten können, wenn die ersten Tausender für Abriss und Entsorgung des Brandschutts von den Spenden verbraucht sind.“

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Rhön-Rennsteig-Sparkasse

Verwendungszweck: Manebach

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