Fördermittel Sonneberg Amtlich: Sternwarte ist Nationalschatz

Die Sonneberger Sternwarte ist einzigartig. Das hat die Bundesregierung eingesehen. Sie macht jetzt Fördermittel für die Anlage locker. Ein Viertel aller veränderlichen Sterne wurde mit Sonneberger Hilfe entdeckt.

 
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Der Südthüringer Bundestagsabgeordnete Gerald Ullrich (FDP) hat einen besonderen Brief der Kulturstaatsministerin erhalten. „Bei der Entscheidung über das Denkmalpflegeprogramm ‚National wertvolle Kulturdenkmäler’ 2023 wurde die Sternwarte Sonneberg berücksichtigt“, teilt ihm Claudia Roth schriftlich mit. Das bedeutet: Eine Förderung von bis zu 130 000 Euro wird aus ihrem Etat freigegeben. Die Summe soll mit bereitgestellten Komplementärmitteln einen wirksamen Beitrag zum langfristigen Erhalt dieses national bedeutenden Baudenkmals in Thüringen leisten. Mit der weiteren Antragsbearbeitung wurde das Bundesverwaltungsamt als Bewilligungsbehörde beauftragt. Das Bundesverwaltungsamt wird die noch notwendige zuwendungsrechtliche Prüfung vornehmen und dann den Bewilligungsbescheid erteilen.

„Ich freue mich, dass bei der Entscheidung über das Denkmalpflegeprogramm ‚National wertvolle Kulturdenkmäler’ 2023 die Sternwarte in Sonneberg berücksichtigt wurde. Für mich eine besondere Freude, da mich für die Förderung immer stark gemacht habe“, erklärte Gerald Ullrich, der im Wahlkreis Suhl – Schmalkalden-Meiningen – Hildburghausen – Sonneberg gewählt worden ist.

Die Sternwarte Sonneberg steht auf dem 638 Meter hohen Erbisbühl in Sonneberg-Neufang. Sie wurde Mitte der 1920er Jahre auf Initiative Cuno Hoffmeisters von der Stadt Sonneberg mit Unterstützung der Carl-Zeiss-Stiftung errichtet. Am 28. Dezember 1925 wurde die Beobachtungsstation mit dem ersten Kuppelturm feierlich eingeweiht und bis 1928 als damals „höchste Sternwarte Deutschlands“ durch Anbauten wesentlich erweitert.

Ab 1930 wurde das Observatorium dem preußischen Staat verpachtet und damit de facto zur Außenstelle der Universitätssternwarte Berlin-Babelsberg. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Sternwarte ab 1940 auch als Luft- und Wetterbeobachtungsstation genutzt. Nach dem Krieg gelang es Cuno Hoffmeister die Forschungsprogramme der Sternwarte auch unter sowjetischer Besatzung fortzuführen. Allerdings verfügte die Besatzungsmacht 1945 im Zuge der Reparationen die Demontage des leistungsstärksten Teleskops – eines 40-Zentimeter-Astrografen – für eine sowjetische Sternwarte. Ab April 1946 wurde die Sternwarte Sonneberg ein Forschungsinstitut der Deutschen Akademie der Wissenschaften in Berlin. In den 1950er Jahren wurde die Sternwarte umfangreich ausgebaut.

Die Sternwarte Sonneberg verfügt heute noch über das zweitgrößte Astroplatten-Archiv der Erde, das eine wertvolle Informationsquelle für die Veränderlichen-Forschung ist. Es umfasst über 270 000 Fotoplatten, die die Veränderungen am nördlichen Sternenhimmel über mehr als 70 Jahre abbilden. Außerdem sind im Archiv 5000 Fotoplatten des südlichen Himmels, die Cuno Hoffmeister auf mehreren Expeditionen in Bolivien und Südafrika zwischen 1926 und 1959 aufgenommen hat.

Mehr als ein Viertel aller bekannten veränderlichen Sterne der Milchstraße wurden bisher mit Hilfe der Sonneberger Astroplatten entdeckt. Die meisten Aufnahmen sind im Rahmen des „Sonneberger Felderplans“ (Field patrol) und der „Sonneberger Himmelsüberwachung“ (Sky patrol) entstanden. Das Langzeitprogramm des „Sonneberger Felderplans“ wurde 1924 von Cuno Hoffmeister begonnen und lief bis 1995.

Die „Sonneberger Himmelsüberwachung“ beruht auf der Idee Paul Guthnicks den gesamten nördlichen Sternenhimmel mittels der Astrofotografie zu überwachen. Dieses Programm läuft seit 1926 bis heute. Da ab 1997 keine unbelichteten Fotoplatten mehr erhältlich waren, musste die Himmelsüberwachung auf Filmmaterial umgestellt werden. Die historischen Fotoplatten stehen für wissenschaftliche Auswertungen zur Verfügung und werden seit 1992 auch digitalisiert.

In der Sternwarte stehen heute zwei Cassegrain-Spiegelteleskope mit 60 Zentimeter Durchmesser, ein Schmidt-Teleskop mit 50 Zentimeter Durchmesser und zwei Astrographen mit je 40 Zentimeter Durchmesser. In Ergänzung und als langfristige Alternative zu der seit 1926 mit Astrografen betriebenen Himmelsüberwachung wird seit 2002 eine CCD-Kamera in Verbindung mit einem Weitwinkelobjektiv eingesetzt.

Der Refraktor von 1926 sowie das 60-Zentimeter-Cassegrain-Spiegelteleskop stehen heute Besuchern im Rahmen öffentlicher Beobachtungsabende zur Himmelsbeobachtung zur Verfügung.

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