Flüchtlings-Aufnahme Streit um Aufnahme von Afghanen

„Es werden Menschen flüchten, aber für viele ist es zu spät Foto: frankphoto.de/K.-H. Frank

Die Landesregierung will aktiv Flüchtlinge aufnehmen, Hans-Georg Maaßen fürchtet internationalen Terrorismus und Linken-Chefin Janine Wissler wirft der Bundesregierung in Suhl Versagen bei der Hilfe für Ortskräfte vor: Die Debatte um Afghanistan hat Südthüringen erreicht.

 
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Suhl/Erfurt - Thüringens Kommunen sollen sich nach dem Willen des Landes darauf einrichten, eine Reihe von sogenannten Ortskräften und deren Familien aus Afghanistan aufzunehmen, die derzeit von der Bundeswehr aus dem Land gebracht werden. Um wie viele es sich handelt, ist noch unklar. Das Migrationsministerium erklärte am Mittwoch, entscheidend sei, wie sich die Lage entwickele.

Zuvor hatte sich auch Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) für eine Aufnahme von Ortskräften ausgesprochen. Wenn Menschen für deutsche Institutionen tätig gewesen seien, dann sei es auch die Pflicht, nun zu handeln und für Integration die Weichen zu stellen, schrieb er auf Twitter.

Im Rahmen der Rettungsmission der Bundeswehr waren bis Mittwoch gut 500 Menschen aus Afghanistan ausgeflogen worden – laut Außenministerium jeweils rund 200 deutsche und afghanische Staatsbürger. Flüchtlinge werden stets nach dem „Königsteiner Schlüssel“ auf die Bundesländer verteilt, das bedeutet für Thüringen einen Anteil von rund 2,6 Prozent.

Seit Jahresbeginn sollen laut Migrationsministerium etwa 60 Menschen aus Afghanistan in den Freistaat gekommen sein; sie hatten ihre Einreise noch selbst organisieren müssen. Die ankommenden Afghanen werden direkt über die Landratsämter und Stadtverwaltungen auf die Kommunen verteilt. Da die Ortskräfte kein Asylverfahren durchlaufen, überspringen sie den sonst üblichen Aufenthalt in der Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) in Suhl.

Am Montag hatte sich bereits Migrationsminister Dirk Adams (Grüne) für ein Landesaufnahmeprogramm für Flüchtlinge aus Afghanistan ausgesprochen. Dies stieß jedoch auch auf Kritik. So sagte CDU-Fraktionschef Mario Voigt, Thüringen brauche keine eigene Außenpolitik. Vielmehr zäume Adams „das Pferd von der falschen Seite auf“. Zunächst müssten die Probleme in der Erstaufnahme in Suhl gelöst werden.

Noch schärfer reagierte der CDU-Rechtsaußen und Südthüringer Bundestagskandidat Hans-Georg Maaßen. Als ehemaliger Verfassungsschutz-Chef befürchte er nun vermehrt islamistische Anschläge in Deutschland, erklärte er am Dienstagabend. „Nach der Rückoberung wird es nicht lange dauern, bis Afghanistan wieder zur Brutstätte des internationalen Terrorismus wird.“ Flüchtlinge aus Afghanistan sollten in der dortigen Region Schutz finden. Deutschland solle den Nachbarländern helfen, dieses Problem zu bewältigen. Thüringen sei bereits jetzt damit überfordert, Ausländer zu integrieren. „Sollten sich die linken Parteien durchsetzen, droht uns eine deutlich größere Krise als die des Jahres 2015 mit über einer Million Flüchtlingen“, warnte Maaßen.

Linken-Bundesvorsitzende Janine Wissler wies derartige Befürchtungen als unsinnig zurück. „Es werden Menschen flüchten, aber für viele ist es zu spät“, sagte sie unserer Zeitung am Rande eines Wahlkampfauftritts am Mittwoch in Suhl. Deutschland habe angesichts des absehbaren Bundeswehr-Abzugs genug Zeit gehabt, Ortskräfte und andere Gefährdete in Sicherheit zu bringen. Stattdessen habe man zunächst Material ausgeflogen, doch die Menschen ihrem Schicksal überlassen. Somit werde es wohl auch keine Millionen von Flüchtlingen geben. „Ich befürchte, dass es am Ende einige Zehntausende sind, die es überhaupt noch schaffen, das Land zu verlassen“, sagte Wissler. Diesen gegenüber habe Deutschland eine Verpflichtung, zu helfen. Auch 2015 seien Menschen vor einem Krieg geflohen, und damals habe es eine große Solidarität gegeben, auf die man nun aufbauen müsse.

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