FKK im Thüringer Wald Nackte übernehmen Waldbad

Das Freibadwasser in Suhl-Goldlauter (auf 630 Meter Höhe) ist verdammt frisch. An zwei Freitagen darf man nun auch nackt darin baden. Über die handgreifliche Geschichte des FKK im Osten und mehr Bilder.

 
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An den Freitagen 21. und 28. Juli gibt es zunächst einen ganz normalen Badetag von 12 Uhr bis 19 Uhr für alle Gäste im Waldbad Suhl-Goldlauter. Wie Axel Gropp vom Förderverein mitteilt, ist danach das Bad nur noch für FKK-Badegäste geöffnet und zwar bis 21 Uhr. Danach müsse das Bad wegen Dunkelheit geschlossen werden.

Wer den verlängerten Badetag genießen möchte, kann das für 2,50 Euro (Vollzahler) von 12 bis 21 Uhr tun; erst mit Badekleidung, ab 19 Uhr ohne. Dazu steht der gesamte Schwimmbadbereich zur Verfügung. Für Spätkommer ist allerdings ab 20 Uhr kein Einlass mehr, und der Kiosk dann auch schon geschlossen.

Wen es nicht unbedingt nackt ins frische Wasser zieht, wer aber dennoch gerne ohne Hüllen im Freien ist: In Goldlauter-Heidersbach besteht auf dem gesamten Gelände des Waldbades auch zu den üblichen Öffnungszeiten kein Textilzwang (ins Becken muss man dann aber in Badekleidung). Dazu gibt es einen fantastischen Blick auf die umliegenden Berge inmitten der Natur. Das Waldbad bietet durch seine südwestliche Lage fast ganztägig Sonnenschein, sein alter Baumbestand hält aber auch schattige Plätzchen bereit.

Der Historikerin Dagmar Herzog zufolge ist die Kultur öffentlicher Nacktheit in Deutschland stärker ausgeprägt als in anderen westlichen Ländern. So war Deutschland Vorreiter der FKK-Bewegung. Herzog zufolge ist das entspannte deutsche Verhältnis zur Nacktheit zurückführbar auf die Normalität des Nacktbadens in der DDR.

DDR: Erst verboten, dann erlaubt, später eine Massenbewegung

In der DDR war das Nacktbaden an offenen Badeseen und Gewässern (beispielsweise der Ostsee) bis 1954 nach den noch geltenden Regeln aus dem Nationalsozialismus erlaubt (im Dritten Reich wurde das Verbot des Nacktbadens per Reichsverordnung 1942 gelockert, wenn es keiner sehen musste). 1954 kam es teilweise zum Verbot, das aber 1956 schon wieder kassiert werden musste.

Der Beginn des Naturismus in der DDR lag in den frühen 1950er Jahren in Ahrenshoop. In dem Badeort an der Ostsee entstanden Bereiche, in denen Künstler und Intellektuelle erstmals das Nacktbaden einführten. Die Region war ein Badeort der gesellschaftlichen Avantgarde der DDR, ein Urlaubsort für zahlreiche Schriftsteller, Schauspieler und Politiker. Es kam in den folgenden Jahren zu Konflikten zwischen bekleideten und unbekleideten Badegästen, bis die Gemeindeverwaltung Ahrenshoop im Mai 1954 das Nacktbaden verbot.

Mit dem Verbot des Nacktbadens regte sich bald Unmut innerhalb der FKK-Anhängerschaft, die auf eine erneute Legalisierung des Nacktbadens drängten. Unter anderem setzten sich Rudolf Bernstein, Chef des Progress Film-Verleihs, sowie Werner Otto, Dramaturg an der Komischen Oper Berlin, für das Nacktbaden ein. Das Nacktbaden wurde daraufhin in Ahrenshoop wieder erlaubt, blieb jedoch auf diese Region beschränkt. In anderen Teilen des Landes ging die Staatsführung weiterhin gegen Nacktbader vor.

Zum Teil kam es zu eskalierenden Konflikten, wobei (vermeintlich) feindselige, bekleidete Badegäste zwangsentkleidet oder an Bäume gefesselt und beschimpft wurden. Auch kam es zu wilden und ausschreitenden Strandfesten, die sich unter dem Begriff Kamerun-Feste zunehmend verbreiteten. Entsprechend stellte der Begriff Kamerun ein Synonym für FKK in der DDR dar.

Als „Der Spiegel“ im September 1954 über die ostdeutsche Nudistenszene und die Konflikte berichtete, sah die Staatsführung ihren internationalen Ruf gefährdet und verhängte ein vollständiges Nacktbadeverbot an der gesamten Ostseeküste. Auf diesen Entscheid regte sich nunmehr noch größerer Widerstand, zahlreiche Eingaben, Forderungsschreiben an politische Führung der DDR, die binnen Monatsfrist zu beantworten waren und ähnlich wie das Petitionsrecht fungierten, Protestbriefe und öffentliche Aufrufe folgten, bis die DDR-Führung das Verbot 1956 wieder zurücknahm.

Es folgte die „Anordnung zur Regelung des Freibadwesens“, wonach ein Baden ohne Schwimmbekleidung an Orten, zu denen jedermann Zutritt hat, dann gestattet sei, wenn diese Orte als ausdrücklich dafür von den zuständigen örtlichen Räten freigegeben und entsprechend gekennzeichnet sind.

Das öffentliche Nacktbaden hatte nun in dafür ausgewiesenen Zonen volle Legalität und entwickelte sich spätestens mit der zunehmenden Liberalisierung der Gesellschaft ab den 1970er Jahren zur Massenbewegung.

Die starke Verbreitung der FKK in der DDR wird bisweilen auch darauf zurückgeführt, dass sie auch ein Ausdrucksmittel für politischen Protest war. Mit der Wiedervereinigung ist diese Motivation für das Nacktsein entfallen. Gleichwohl ist dort die Anzahl der FKK-Bademöglichkeiten und Campingplätze für jedermann signifikant groß geblieben.

An Gewässern, an denen das Baden offiziell gar nicht erlaubt war (Kiesgruben u. ä.), wurde vielfach nackt gebadet, an offiziellen Badeseen gab es häufig FKK-Bereiche. An der Ostsee gab es in den meisten Badeorten Strandabschnitte, die für FKK ausgewiesen waren. Häufig lagen diese links und rechts des textilen Abschnitts an der jeweiligen Hauptpromenade. Generell herrschte in der DDR eine weitaus größere Toleranz gegenüber öffentlicher Nacktheit als in der alten Bundesrepublik.

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