Der Schriftsteller Ingo Schulze erhielt den diesjährigen Preis der Leipziger Buchmesse für sein Buch „Handy, Dreizehn Geschichten in alter Manier“. Der Wahl-Berliner studierte einst in Jena und war Dramaturg am Altenburger Landestheater. Wir sprachen mit ihm.

Ihr Geschichtenband heißt „Handy – dreizehn geschichten in alter manier“. Damit meinen Sie eine traditionelle Erzählersichtweise. Wie sieht denn für Sie eine Erzählweise „neuer Manier“ aus?

Schulze: Das weiß ich nicht. Mir geht es nicht um das Neue. Selbst wenn ich glaubte, etwas Neues gemacht zu haben, woher sollte ich wissen, ob das nicht schon längst sonst jemand gemacht hat. Mir geht es immer um das Angemessene. Darum, den Stil aus dem Stoff kommen zu lassen. Und manchmal klingt das dann wie in alter Manier.

Die Buchmesse verzeichnete einen Besucherrekord – gleichzeitig beklagen sich viele darüber, die Bereitschaft zum Bücherlesen nehme gerade bei jungen Menschen ab. Wie sehen Sie diesen Widerspruch?

Schulze: Ich lerne ja meistens nur diejenigen kennen, die lesen und lesen wollen. Ich bin überzeugt, dass Lesen etwas ist, das durch nichts anderes ersetzt werden kann. Und wenn es gelänge, dieses besondere Freude häufiger zu erzeugen. . . Vielleicht sollten wir einfach mehr vorlesen oder gemeinsam lesen. Wenn ich nicht laut lese, fragen mich meine Töchter, warum ich nicht lese.

Neil Postman hat schon vor Jahren das Ende der Bücherbestimmten Diskurskultur ausgemacht, hin zu einer visuell bestimmten TV-Diskurs-Kultur, in der das Bild mehr zählt als der Gedanke. Würden Sie dem widersprechen? In ihren Büchern bekommt man das Gefühl, dass Sie lieber Bilder malen, als explizit Gedanken über den Zustand der Welt niederzuschreiben.

Schulze: Bilder, Geschichten, Gedichte, überhaupt die Kunst, ist immer viel komplexer, als das ein Kommentar zur Weltlage sein kann. Die Wirkung der Bücher sehe ich als Leser. Mit einem Buch, das man in der Tasche hat, lebt es sich leichter. Dann bleibe ich nicht allein mit bestimmten Erfahrungen.

Viele Ihrer Inspiration beziehen Sie noch immer aus Ihrer Zeit in Altenburg. Kommen Sie noch manchmal an diesen Ort zurück?

Schulze: Ich bin relativ häufig in Altenburg, aber ich weiß viel zu wenig über die heutige Stadt. Aber als ein Ort der Erfindung, in dem meine Figuren leben, ist es mir sehr vertraut und lieb.

INTERVIEW: FRANK HOMMEL