Feuilleton Wertschätzen statt wegwerfen

Stefanie Grießbach

Ausnahmsweise einmal eine TV-Kritik vorab: Die Doku "Kommen Rührgeräte in den Himmel?" ist am Sonntag, 23.15 Uhr, im MDR zu sehen Der Mixer macht schlapp und die neue Liebe versetzt sie. Carmen ist enttäuscht.

 
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Ausnahmsweise einmal eine TV-Kritik vorab: Die Doku "Kommen Rührgeräte in den Himmel?" ist am Sonntag, 23.15 Uhr, im MDR zu sehen

Der Mixer macht schlapp und die neue Liebe versetzt sie. Carmen ist enttäuscht. Weder auf Dinge noch auf Menschen ist Verlass. Aber dann entdeckt sie auf dem Jenaer Flohmarkt einen waschechten Ossi aus Suhl, verlässlich, solide, legendär. Nein, keine kitschige Liebesgeschichte, sondern eine witzige, poetische, nachdenklich stimmende Dokumentation zum Thema Nachhaltigkeit. Carmen begeistert sich für das Rührgerät "RG 28". Es lief 18 Millionen Mal im Elektrogerätewerk Suhl vom Band und ist heute ein Stück Designgeschichte. Sie geht auf Spurensuche.

Kesse Dokumentation

Immer besser, immer anders, immer mehr! Anstatt Dinge wertzuschätzen, werfen wir sie lieber weg und kaufen uns das neueste Modell. Wir suchen unser Glück im Konsum, sind nur kurze Zeit zufrieden und leben zwischen Müllbergen. Reinhard Günzlers kesse Dokumentation ist ein Plädoyer gegen die Wegwerfmentalität und eine Hommage an unverwüstliche Qualitätsprodukte, hergestellt in der DDR. Ausgehend vom Elektrogerätewerk Suhl landet der Film schließlich bei klugen Statements vom Ökonomen, Theologen, Designerprofessor und Psychologen. Die bezaubernde Art und Weise, wie dem Zuschauer Erkenntnisse vermittelt werden, täuscht freilich nicht darüber hinweg, dass die Doku unnötig Längen anhäuft und sich bisweilen im Netz der Ostalgie verheddert.

Wesentliche Faktoren bleiben dabei unberücksichtigt. Es ist kaum vorstellbar, dass der kapitalistische Westen keine langlebigen Geräte hervorgebracht hat. War dort die Wegwerfgesellschaft vor 1989 überhaupt so ausgeprägt wie heute? Ergibt es aus ökologischer Sicht überhaupt Sinn, jahrzehntelang am gleichen Gerät festzuhalten, wenn es längst stromsparende Modelle auf dem Markt gibt?

Allerdings diskutiert so leichtfüßig wie hier selten eine Dokumentation die bedeutende Frage, ob mit wachsender Gleichgültigkeit den Dingen gegenüber nicht auch der Respekt gegenüber denen schwindet, die sie geschaffen haben. Und da kann der eine oder andere hierzulande ja ein Wörtchen mitreden. Reinschauen lohnt sich also!

Bilder