Wäre es nicht besser, statt vom Tag der Deutschen Einheit zu sprechen, vom Tag der deutschen Vielfalt? Jedenfalls keine Feier der Einfalt. Natürlich gehört dazu die Freude, dass das Mauer-System abgerissen und die Zweiteilung zu Ende gegangen ist. Nun fortwährendes Ringen miteinander, friedliches Konkurrieren, selbstgewisses Betonen des Eigenen und das nach innen Geöffnete für das Andere. Die Verstehensversuche der Ost-West-Unterschiede nach 40 Jahren Teilung halten an. Was verbindet denn jemand in Oberbayern mit dem Flensburger, was das Ostfriesische mit dem Sächsischen, was das Rheinländische mit dem Restpreußischen? Deutschland war bis 1871 ein Deutsch sprechender Vielvölkerstaat, ein politischer, ökonomischer und religiöser Flickenteppich. Mit Blut und Eisen wurde zusammengezimmert, was nicht zusammen wollte.
Feuilleton Schorlemmers Zwischenruf zum Tag der deutschen Zweiheit
Friedrich Schorlemmer 03.10.2018 - 08:48 Uhr