Ein Sprachspieler war er, mit literarischem Witz und barmherziger Welt- und Menschenkenntnis. Allerdings einer, der niemals hätte solche Bücher schreiben dürfen wie "Der Abenteuerliche Simplicissimus Teutsch". Zumindest wenn man den Abbruch der Schule in den Wirren des Glaubenskrieges sowie den Mangel an jedweder universitärer Bildung oder Kontakten zur Gelehrtenwelt des 17. Jahrhunderts als Maßstab nimmt. Warum Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen es dennoch zu einer Institution nicht allein für sein Land und seine Epoche brachte, das beleuchtete eine Lesung am Freitag in Themar.

Um die hundert Zuhörer waren ins Amtshaus gekommen, um den beredten Ausführungen Heiner Boehnckes und Hans Sarkowiczs zu folgen. Den Professor für Literaturwissenschaft und den leitenden Kulturredakteur des Hessischen Rundfunks eint neben einer unverkennbaren Verehrung des Autoren und dem damit einhergehenden Streben, seine Werke auch einem heutigen Lesepublikum zugänglich zu machen, die detektivische Neugier auf den Mensch Grimmelshausen. Weshalb sie sich für ihre 2011 in der Anderen Bibliothek erschienene Biografie auf Spurensuche begaben, die sie auch in den Süden Thüringens führte. In jenes Dorf an der Werra nahe Themar, das nicht zufällig denselben Namen wie der Schriftsteller trägt.

An die im Mittelalter dort sesshafte Familie Grimmelshausen erinnert nichts mehr, keine Ruine, kein Grabstein. Aber im Thüringischen Staatsarchiv in Meiningen sind noch Dokumente verfügbar, die - mit großen Lücken und Ungenauigkeiten - eine ungefähre Rekonstruktion der Ahnenlinie erlaubten. Ein erster eindeutiger Beleg geht zurück auf das Jahr 1177, als ein gewisser Berthold von Grimoldeshusen die Entlassung dreier leibeigener Frauen durch einen Ritter bezeugte. Salmann war er, eine Art Treuhänder, was eine Nähe zum Landesherren, den Grafen von Henneberg, vermuten lässt.

Ob nun der Ort seinen Namen von der Familie erhielt oder umgekehrt ist ungewiss. 1338 verpfänden die Henneberger ihren gesamten Besitz in Grimmelshausen an das Kloster Veßra, erst 1468 wird mit Bartolmes von Grymoltshausen wieder ein Vorfahr aktenkundig. Bergmeister war er, in Suhl. Ein anderer Ahn, Ditterich, schrieb sich 1501 als Theodericus Grymmelshusen de Sula an der Universität Erfurt ein - gemeinsam mit Martinus Ludher ex Mansfeldt. Lange ist die Familie, insbesondere wegen hoher Schulden und Erbstreitigkeiten, in Suhl nachweisbar, bevor sich jener Zweig, aus dem der Barockliterat hervorgehen sollte, im hessischen Gelnhausen niederließ. suw

Heiner Boehncke, Hans Sarkowicz: "Grimmelshausen. Leben und Schreiben. Vom Musketier zum Weltautor", Die Andere Bibliothek 2011, 504 Seiten mit Abbildungen, 34 Euro.