Die ganze letzte Woche herrschte in Dessau eine besondere Großwetterlage: es gab eine Art Bayreuth-Hoch. Und das ganz unabhängig von der Außentemperatur. Am Sonntag, nach der "Götterdämmerung", gab es über zwanzig Minuten standing ovations. Als der bisherige Intendant und "Ring"-Regisseur André Bücker und sein Partner im Graben Antony Hermus vor den Vorhang traten, stieg der Lautstärkepegel nochmal an. Mag sein, dass den Wagnerfans, die in den zwei "Ring"-Zyklen (im Mai und jetzt) acht Mal für ein komplett ausverkauftes Haus sorgten, bewusst war, dass dies auf absehbare Zeit der letzte "Ring" in diesem dafür maßgeschneiderten Haus gewesen sein dürfte. Was Bücker, sein GMD, das Dessauer Ensemble und die Gäste hier abgeliefert haben, war nicht nur der denkbar eindrucksvollste Schlusspunkt einer so erfolgreichen wie kämpferischen Intendanz, sondern nicht weniger als ein exemplarischer Beleg dafür, warum das Deutsche Stadttheatersystem ganz zu recht Weltkulturerbe ist. Es wird nicht mehr lange dauern und jeder, der das miterlebt hat, wird diese kleinen "Ring"-Festspiele als etwas Außergewöhnliches aus jener Zeit in Erinnerung behalten, in der eine Landespolitik dem Theaterland Sachsen-Anhalt noch nicht die Luft für solche Höhenflüge abgedreht hatte.