Fambach im MDR Radio-Gottesdienst mit Milina Reichardt-Hahn

Susann Eberlein
Pfarrerin Milina Reichardt-Hahn am Taufstein in der Jakobuskirche in Fambach. Foto: Susann Eberlein

An diesem Sonntag wird der Radio-Gottesdienst aus der Jakobuskirche in Fambach übertragen. Die Gemeinde, Mitglied der Enklave der Kirche von Kurhessen-Waldeck in Thüringen, hält die Balance zwischen gelebter Tradition und frischen Ideen.

 
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Als der Radio-Gottesdienst vor einigen Jahren in der Jakobuskirche in Fambach Station machte, war Milina Reichardt-Hahn noch als Journalistin tätig. „Ich habe damals für die Lokalzeitung darüber berichtet“, erinnert sie sich. Seitdem ist viel passiert. Die studierte Theologin und ausgebildete Redakteurin hat dem Mediengeschäft den Rücken gekehrt und im November 2019 die Nachfolge des langjährigen Pfarrers Michael Glöckner angetreten.

An diesem Sonntag steht um 10 Uhr nicht mehr er, wie damals, sondern die 41-Jährige vor dem Mikrofon von MDR Kultur, das vor der Kanzel aufgebaut wird und den Gottesdienst in die Haushalte, Krankenhäuser und Pflegeheime überträgt. Mitten in der Passions- und Fastenzeit will Milina Reichardt-Hahn einen Ausblick auf die Feiertage geben und das „kleine Osterfest“ feiern. Die Perikope steht im Zweiten Korintherbrief, den sie in den Gottesdienst einbauen wird. „Ich halte Gottesdienste immer aus ganzem Herzen, egal, ob vier oder 40 Menschen vor mir sitzen. Dass es hier aber regelmäßig so viele sind, gibt mir das Gefühl, unter ihnen zu sein“, sagt Milina Reichardt-Hahn, die neben ihrem Wirken in Fambach Vakanzvertretungen im gesamten Kirchenkreis übernimmt.

Der gut besuchte Gottesdienst ist ein Sinnbild für die Verbundenheit der Fambacher mit der Kirche, mit dem Glauben. Die sich auch in die junge Generation überträgt. Im vergangenen Jahr hat die Pfarrerin 19 Teenager konfirmiert. Aktuell betreut Milina Reichardt-Hahn 29 Konfirmanden aus zwei Jahrgängen. „Das ist schon viel“, findet sie. Ein paar werden sie beim Gottesdienst unterstützen. Sie haben sich mit Fragen beschäftigt: Was belastet uns? Und was kann uns trösten?

Tradition und Moderne

Die Kirchengemeinde Fambach, zu der auch Heßles gehört, ist besonders. Weil sie, historisch begründet, Teil der Enklave der evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck in Thüringen, ist. Weil sich Jung und Alt in ihr engagieren. Und weil sie die oft nicht leichte Balance zwischen Tradition und Moderne schafft.

Feste Rituale gibt es das ganze Jahr. „An Karfreitag wird ein Drahtkreuz aufgestellt und am Ostersonntag mit Blumen geschmückt, die die Menschen mitbringen. Zu Erntedank legen die Kinder aus dem evangelischen Kindergarten einen Früchteteppich aus, der ganze Altarraum wird gefüllt mit Lebensmittelspenden von Leuten aus dem Ort. Und die Feier zum Martinstag wird mit den Vereinen des Ortes, Musikkapelle und Feuerwehr gestemmt. Hier wurden viele schöne Traditionen begründet, die intensiv gepflegt werden. Alle machen mit. Ich bewundere immer, was in einem so kleinen Ort auf die Beine gestellt wird“, sagt die Pfarrerin.

Gleichzeitig sind die Fambacher nicht dogmatisch. Im Gegenteil: Während der Pandemie ist Kreativität aufgeblüht, die Gemeindemitglieder haben andere, neue Wege der Gemeinsamkeit geschaffen. „Der Kirchenvorstand ist sehr engagiert. Ihm gehen die Ideen nie aus. Das ist schon besonders“, sagt die 41-Jährige. Für sie ist das ein Geschenk. „Ich möchte etwas in Bewegung bringen und habe den Eindruck, dass sich wirklich Menschen mitbewegen.“

Neue Sakristei

Die Balance zwischen Tradition und Moderne spiegelt sich auch in der Kirche wider, deren Geschichte weit zurückreicht. 1183 wurde erstmals eine Kapelle zu Vanebach, der heutigen Sakristei, erwähnt. Um 1300 soll sie im gotischen Baustil erweitert und um einen Kirchturm ergänzt worden sein. Laut Quellen folgte die Erweiterung um das Kirchenschiff 1617.

Im gleichen Jahr soll der einheimische Kunstschreiner Franz Heller die Intarsienarbeiten an der Kanzel, später am Kanzeldeckel und dem Altar mit vier Abbildungen der Jakobusmuschel angefertigt haben, die bis heute als sehenswert gelten. Der Taufstein mit Abdeckung – eine weitere Besonderheit – zeigt Szenen aus dem Leben Jesu. Und an den Decken und Emporen haben sich Johann Michael und Johann Friedrich Leyh aus Tann mit Bildern biblischer Figuren und Erzählungen verewigt.

Der älteste Teil der Kirche ist mittlerweile der modernste. „Die Sakristei hinter dem Altar ist dank eines Künstlerwettbewerbs und einer Förderung renoviert worden. Aus einem Raum, der als Abstellkammer genutzt wurde, ist ein Ort der Stille und Einkehr geworden“, sagt Milina Reichardt-Hahn. Ines Ulbrich aus Schmalkalden und Wolfgang Nickel aus Georgenzell haben Zeitzeugnisse geschaffen, die nicht die Beziehung verlieren zu den bereits vorhandenen. Weil sich die blaue Farbe des neuen Glasfensters, zum Beispiel, in den Bemalungen der Empore wiederfindet. Und weil sich ein harmonisches Bild ergibt mit der Jesusfigur aus blauem Glas am Kreuz und anderen Detailarbeiten im Altarbereich. „Wenn am Morgen das Licht einfällt, ist die Stimmung besonders schön. Dann wird deutlich, wie zerbrechlich und gleichzeitig stabil das Glas ist“, sagt sie.

Aufregung vor dem Mikro

Diese Schönheiten können zum Radio-Gottesdienst leider nicht den Hörern gezeigt werden. Aber er sei eine gute Gelegenheit, die besondere Kirche und die besonders lebendige Kirchgemeinde zu präsentieren. Um dem Chor und Organist Christian Glöckner, der Vater des ehemaligen Pfarrers, eine Plattform zu geben. Um die Menschen neugierig zu machen auf den Ort unweit von Schmalkalden.

Ob Milina Reichardt-Hahn nervös sein wird, im Wissen, nicht nur von den Gläubigen in der Kirche, sondern auch von denen am Radio gehört zu werden? Sie überlegt kurz. Seit gut drei Jahren hält sie regelmäßig Radioandachten, setzt mit „Gedanken zur Nacht“ Impulse. „Ich bin schon ein wenig an das Mikrofon gewöhnt“, sagt sie, „aber bei der Live-Übertragung werde ich bestimmt etwas aufgeregter sein.“

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