Die Zahl der Ermittlungen wegen Sexualdelikten in Thüringen ist im vergangenen Jahr gestiegen. 2018 gab es dazu rund 1500 Justiz-Verfahren im Land, wie die Sprecherin der Thüringer Generalstaatsanwaltschaft auf Anfrage sagte. 2017 waren es rund 1200, im Jahr zuvor einige Dutzend Fälle weniger. 2015 waren es rund 1000. Zu den Fällen zählten unter anderem Straftaten wie sexueller Missbrauch, Vergewaltigung, sexuelle Übergriffe, Nötigung und Belästigung.

Mitte 2016 wurde das Sexualstrafrecht verschärft. Demnach macht sich eine Person strafbar, die sich über den «erkennbaren Willen» des Opfers hinwegsetzt («Nein heißt Nein»). Neu hinzugekommen ist der Straftatbestand der sexuellen Belästigung.

Im Jahr 2017 kam zudem die «MeToo»-Debatte gegen sexuelle Übergriffe auf. Unter diesem Schlagwort schilderten unter anderem beim Kurznachrichtendienst Twitter vor allem Frauen millionenfach ihre Erfahrungen mit sexuellen Übergriffen.

«Es ist schon positiv, dass zumindest der Anstieg zeigt, dass wir uns als Gesellschaft gegen Gewalt positionieren», sagte Thüringens Gleichstellungsbeauftragte Katrin Christ-Eisenwinder. «Die Dunkelziffer ist aber noch viel, viel höher.» Gleichzeitig habe sie den Eindruck, dass «auch die Hemmschwellen von Menschen sinken, die Aggressivität größer wird».

Christ-Eisenwinder hatte sich neben anderen erfolgreich dafür eingesetzt, dass Thüringen im kommenden Jahr Geld für die sogenannte vertrauliche Spurensicherung bereitstellt. Opfer von sexueller Gewalt, die nicht direkt bei der Polizei Anzeige erstatten wollen, können sich an einen Arzt wenden und Spuren - etwa von Gewaltanwendung oder Körperflüssigkeiten - sichern lassen. Möchte das Opfer nicht, dass diese Erkenntnisse direkt den Strafverfolgern zugeleitet werden, werden sie archiviert. Auch nach Jahren können die Spuren so noch zugeordnet werden. dpa