Die Energiewende ist in aller Munde. Statt der fossilen Brennstoffe soll künftig auf regenerative Energie gesetzt werden. Vor allem auf Wärmepumpen und Photovoltaikanlagen. Doch so einfach lassen sich die Vorgaben der großen Politik in der Praxis nicht umsetzen. Das erlebt derzeit Andreas Ettelt, ein Vorreiter in Sachen Einsatz erneuerbarer Energien in der Innenstadt. Der Privatmann baut in der Friedrich-Eckardt-Straße in Bad Salzungen ein Niedrigenergiehaus mit fünf barrierefreien und altersgerechten Wohnungen und Wallboxen für das Laden von Elektroautos. Dazu nutzt er einen Altbestand und dockt einen Neubau an. Den Gasanschluss hat er als Erstes gekappt. Denn die Wärme soll künftig über eine Wärmepumpe, gespeist von der Photovoltaikanlage auf dem Dach, kommen. Genau so, wie es das erst kürzlich beschlossene Wärmeenergiegesetz vorsieht. Damit er seinen Niedrigenergiehaus-Plan überhaupt umsetzen kann, hat der Stadtrat erst kürzlich die für die Innenstadt geltende Baugestaltungssatzung angepasst. Denn bislang waren Photovoltaikanlagen in der historischen Altstadt ausgeschlossen. Die Geschichte klingt nach einem Happy End. Ob es das so gibt, bleibt abzuwarten. Denn: Das Stromnetz in der Friedrich-Eckardt-Straße ist – wie vermutlich in den meisten Straßen der Innenstadt – auf die zusätzliche Stromnachfrage nicht ausgelegt. Bei sonnigem Wetter liefert die Photovoltaikanlage auf dem Dach genügend Strom, um die Wärmepumpe zu betreiben. Doch in der kalten Jahreszeit, mit deutlich weniger Sonnenstunden, ist das Niedrigenergiehaus auf das öffentliche Stromnetz angewiesen. Obwohl das Bauvorhaben alle erforderlichen Instanzen durchlaufen hat und es auch eine Baugenehmigung gibt, steht Andreas Ettelt nun vor einem großen Problem. Um an genügend Strom zu gelangen, soll er eine noch zu verlegende Leitung Richtung Vordere Teichgasse aus der eigenen Tasche finanzieren. Geschätzte Kosten: rund 100 .000 Euro. Das bringt natürlich die gesamte Finanzierung nebst kalkulierter Miete ins Wanken. Und so ist die Freude über das Richtfest am Stadthaus, das am Montag gefeiert werden konnte, ein wenig getrübt. „Die Sache stellt ja nicht nur mich, sondern viele Bauherren in der Innenstadt, die auf Wärmepumpen setzen wollen, vor ein Problem“, macht Andreas Ettelt aufmerksam. Bürgermeister Klaus Bohl (Freie Wähler), der zum Richtfest gekommen ist und dem Investoren-Mut von Andreas Ettelt Respekt zollt, bestätigt das. „Dass das öffentliche Stromnetz oft nicht auf den künftigen Bedarf ausgelegt ist, wird von der großen Politik und der Öffentlichkeit völlig unterschätzt“, sagt er. Das betreffe nicht nur die Stadt Bad Salzungen, sondern sei ein deutschlandweites Problem. Als die Stromkabel verlegt und die Trafostationen gesetzt worden seien, habe es einen ganz anderen Bedarf gegeben. Eine Lösung für das Problem sei bislang nicht in Sicht. „Denn weder die Stadt noch der Bauherr oder der Netzbetreiber können diese Kosten tragen.“ Zudem müssten Straßen, die noch völlig in Ordnung seien oder gerade erst saniert wurden, wieder geöffnet werden, um leistungsstärkere Kabel zu verlegen.