Ehrenamt „Ach, Horst ist irgendwo draußen“

Kurt Lautensack

Horst Worliczek erhält am Montag den Ehrenpreis des Freistaates Thüringen. Seit Jahrzehnten prägt der naturverbundene Tausendsassa in vielen Bereichen das Leben in Römhild und im Gleichberggebiet mit.

 
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Wer Horst Worliczek tagsüber, ob in der Woche oder am Wochenende, telefonisch sprechen möchte, hat oftmals kein Glück. Meist meldet sich seine Frau Renate auf der Gegenseite, denn Horst ist nicht da. Wo er ist? „Ach, Horst ist irgendwo draußen in der Natur“, sagt sie dann. Doch Horst Worliczek ist nicht nur ein Natur- und Heimatfreund, ihm ist die Pflege und die Erhaltung unserer Landschaft, ihre Flora und Fauna, ein innerstes Bedürfnis. Und bei seiner ehrenamtlichen Tätigkeit findet er immer wieder Mitstreiter und Gleichgesinnte, die ihn in vielerlei Hinsicht unterstützen. Deshalb sähe er bei der Würdigung seiner ehrenamtlichen Arbeit, wie kürzlich bei der Ehrenamtsgala in Schnett (Ehrenamtscard), viele seiner Helferfreunde am liebsten um sich geschart. Bei der jüngsten Jahreshauptversammlung der „Gemeinde der Steinsburgfreunde“ auf seine Ehrung angesprochen und beglückwünscht, meint er: „Ehrenamt ist nicht einer allein. Es braucht immer Leute wie …“ Hier würde er gerne eine ganze Namensliste einfügen. Das ist es, was das Wesen von Horst Worliczek auszeichnet. Nun steht ihm eine höhere Auszeichnung in Erfurt bevor.

Lehrer und Schulleiter in Römhild

„Wir wissen gar nicht, was Horst so im Jahr treibt“, meinte humorvoll Benjamin Will während seines bildhaften Jahresrückblicks der Steinsburgfreunde. Schon Stichpunkte würden wohl Seiten füllen, denn „Horst Worliczek engagiert sich in Römhild seit Jahrzehnten in mehreren Vereinen mit Wort und Tat und in verschiedenen Funktionen“, wie es Ingrid Theilig in einer Laudation formulierte. Als Fachlehrer für Biologie und Chemie kam Horst Worliczek 1977 an die damalige „allgemeinbildende polytechnische Oberschule“ (heute Regelschule) nach Römhild. Und so lag es schon fast in der Natur der Sache, dass er sich als Biologielehrer dem Medium verschrieben hatte. Da blieb es nicht beim Unterricht in der Klasse, sondern es trieb ihn mit seinen Schülern hinaus in die wunderschöne Gleichberglandschaft, in der er heute wohl jeden Weg und Steg kennt, aber auch den Tier- und Pflanzenreichtum.

Nach der politischen Wende wurde Horst Worliczek Schulleiter der Regelschule Römhild, was er bis zu seinem Ausscheiden aus dem Schuldienst 2011 blieb. Doch auch in dieser Zeit lag ihm die Arbeit mit den Schülern inmitten der Natur am Herzen. So manche Projekte trugen seine Handschrift, ob in seiner Eigenschaft als Lehrer oder als Vereinsmitglied. Und viele ehemalige Schüler werden sich noch an manche Schulfeste, ob Ernte- und Herbstfeste oder ein großartiges Mittelalterfest erinnern, bei denen die ganze Stadt auf den Beinen war. Aber auch auf die Entwicklung und die Ausgestaltung der Schule legte er großen Wert. Gemeinsam mit der Unteren Denkmalbehörde, der Schulverwaltung und der Stadt wurde um die Jahrtausendwende ein komplexes Sanierungsprogramm eingeleitet.

BUND und Landschaftspflegeverband

1990 war Horst Worliczek Mitbegründer der Ortsgruppe des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und wurde ihr Vorsitzender. Die Ortsgruppe kümmerte sich um die Pflege von Streuobstwiesen, um Projekte wie das „Schafbad“ bei Mendhausen oder am Grünen Band, das Braunkehlchen-Projekt, um Fledermäuse, Lurche und Hirschkäfer. Projekte in allerjüngster Zeit waren die Landschaftspflege am Eiserich, einschließlich des ehemaligen Landwehrgrabens, und die Aufstellung von „Lebenstürmen“. 1992 war er Gründungsmitglied des Landschaftspflegeverbandes „Römhilder Grabfeld“, sodass fortan viele Projekte in Zusammenarbeit mit dem Landschaftspflegeverband (LPV) umgesetzt wurden. Diese enge Zusammenarbeit trägt bis heute Früchte.

Römhilder Karnevalsgesellschaft

Doch der heute 72-jährige war nicht nur aktiv, wenn es um Umwelt und Natur, um Stadt- und Schulentwicklung oder Brauchtumspflege ging, er frönte auch der Geselligkeit und das bis heute. Von 1981 bis 2000 war er im Elferrat und im Vorstand der Römhilder Karnevalsgesellschaft (RKG) tätig. Was viele vielleicht heute nicht mehr wissen: Er trainierte 17 Jahre lang das Römhilder Männerballett und war dann ab 1985 für anderthalb Jahrzehnte Sitzungspräsident der RKG, wo er mit seiner unvergleichlichen Rhetorik bei Büttenabenden das Publikum begeisterte. Er regte 1989 die Sanierung des „Schnullerbrunnens“ an, ein beliebtes Wander- und Ausflugsziel am Großen Gleichberg, das nach Aufgabe des Militärstützpunktes der sowjetischen Armee auf dem Großen Gleichberg wieder zugänglich war. Seitdem hat der Karnevalsverein die Pflegschaft über dieses beliebte Wanderziel übernommen.

Gemeinde der Steinsburgfreunde

1995 wurde der Verein der „Gemeinde der Steinsburgfreunde“ wieder gegründet (Erstgründung 1925). Horst Worliczek war von Anfang an mit dabei und im Vorstand tätig. 1998 übernahm er den Vorsitz des Vereines, den er bis zur Neuwahl 2022 ausübte. Auch ihm ist es mit zu verdanken, dass jüngere Mitglieder nun als Vorstand die Vereinsfahne hochhalten, auch wenn er selbst noch zum Vorstand gehört. In seinem jahrzehntelangen Wirken ließ er Naturkundler, Forstbeamte, Archäologen, Bodendenkmalpfleger und Historiker zu Wort kommen oder half mit, historische Persönlichkeiten gebührend zu würdigen. Zu den Zielen der Steinsburgfreunde gehört auch der Schutz bedeutender archäologischer Denkmale mit der alles überragenden Steinsburg und ihrer keltischen Geschichte. Jährliche Arbeitseinsätze hat Horst Worliczek organisiert und koordiniert, wobei er selbst stets aktiv im Einsatz war. Seinen Kontakt zur Jugend hat er stets aufrechterhalten und manche seiner ehemaligen Schüler sind da, wenn Hilfe gebraucht wird.

Als Wanderführer brilliert er mit seinem großen historischen und naturwissenschaftlichen Wissen über unsere Heimat. Auf den Tagungen, verschiedenen Veranstaltungen oder Frühjahrswanderungen erweist er sich als exzellenter Redner, der Interesse wecken und motivieren kann. Sein Engagement und die mit der Gemeinschaft geleistete Arbeit, führte auch 2018 zur Verleihung des Thüringer Denkmalschutzpreises an die „Gemeinde der Steinsburgfreunde“. Bleibt als Fazit: Horst Worliczek ist ein enorm aktiver ehrenamtlich tätiger Mensch mit Vorbildwirkung. Könnte er jetzt darauf antworten, dann würde er wohl wieder sagen: „Ehrenamt ist nicht einer allein“, wobei er sicher seine Frau Renate mit einschließen würde, die ihn unterstützt. Und sollte sie am Telefon mal rufen „Horst“, dann ist er nicht irgendwo draußen, sondern vielleicht gerade in der Küche. Denn Horst Worliczek ist auch eine leidenschaftlicher Koch.

Am kommenden Montag wird Horst Worliczek in Erfurt den Ehrenbrief des Freistaates Thüringen erhalten. Mit dieser Auszeichnung bedankt sich der Freistaat bei Bürgern, die ehrenamtliche Arbeit in den unterschiedlichsten Bereichen ihrer Heimat leisten.

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