Ebern Medizin im Wandel der Zeit

Helmut Will

Seit rund 118 Jahre gibt es das Krankenhaus Ebern nun schon. Was sich dort heute an Technik und Fortschritt findet, war früher nicht einmal denkbar.

 
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Ebern - Das Haus Ebern der Haßberg-Kliniken blickt auf eine über 100-jährige Geschichte zurück. Bereits im Jahr 1912 wurde das Haus mit 40 Betten eröffnet. Kontinuierliche An- und Umbauten führten zu einer Kapazität von derzeit 70 Betten auf einer Chirurgischen und einer Internistischen Station. In Haßfurt wurde das Krankenhaus erst im Jahr 1945 in Betrieb genommen.

In der Inneren Abteilung werden heute alle Erkrankungen der inneren Organe nach dem neuesten medizinischen Kenntnisstand und mit modernsten Geräten behandelt. Im April 2012 kam ein palliativmedizinischer Dienst hinzu, welcher von einem engagierten Team getragen wird. Die Abteilung Allgemein- und Unfallchirurgie wurde 2013 um die Sektion Wirbelsäulen-Chirurgie erweitert, 2014 kam die Sektion Gefäß-Chirurgie dazu. Im Januar 2016 wurde die neue, hochmoderne IMC-Station in einem Anbau an der Nordseite des Krankenhauses in Betrieb genommen. Sie entstand aus einer Überwachungseinheit, deren Pflegepersonal auch bisher schon Patienten nach größeren Operationen und bei kritischen internistischen Krankheitsbildern therapierte. In Ebern werden jährlich etwa 2800 Fälle versorgt. Die Nähe zum Patienten sowie die übersichtliche, familiäre und menschliche Atmosphäre zeichnen das Haus Ebern aus. Was aber war früher, wie sah es im Krankenhaus aus, welche Geräte, Betten und sonstige Gegenstände waren Alltag, was können Personen erzählen, die dort gearbeitet haben oder noch arbeiten?

Erst kürzlich wurde im Personalwohnraum ein Wandtelefon aus den sechziger Jahren mit Wählscheibe entdeckt, was sogar noch funktioniert, wie der Hausmeister des Hauses Ebern, Stefan Rüpplein, sagt. "Ich habe das Telefon meinem Sohn, als er so acht Jahre alt war, präsentiert und der hat versucht, auf die Zahlen in der Wählscheibe zu drücken. Das man mit der Scheibe wählen muss, war ihm nicht bekannt", schmunzelte der Hausmeister. 40 Betten hatte das Haus im Jahr 1912, aber bereits zwei Jahre vorher, im Jahr 1910, ging es mit zwei Ordensschwestern aus Würzburg in Betrieb, noch auf einer regelrechten Baustelle. Das sogenannte "Seuchenhaus" war dann der Abschluss der Baumaßnahmen, die 1912 fertig gestellt werden konnten. Die Ärzte waren weiterhin niedergelassen und besuchten ihre Patienten an den seinerzeit 40 Krankenhausbetten. Angestellt waren, bis etwa um die Zeit des Zweiten Weltkriegs, nur die Schwestern. Die Einrichtung damals, die Untersuchungsgeräte, die Instrumente die den Ärzten zur Verfügung standen, die räumlichen und auch hygienischen Verhältnisse, lassen sich nicht mehr mit dem heutigen Standards vergleichen.

Mit Hausmeister Stefan Rüpplein haben wir uns auf Spurensuche begeben. Er zeigt sowohl die beiden Untergeschosse im jetzigen Haus Ebern der Haßberg-Kliniken als auch die Räumlichkeiten im ehemaligen Personalwohnhaus. In den Untergeschossen des Hauses Ebern empfangen einen nostalgische Gerätschaften und man muss unweigerlich schmunzeln, wenn man sie mit heutigen vergleicht. Da steht ein schon lange ausgedientes Röntgengerät, das eher einer Bühnenbeleuchtungsanlage gleicht, ein Beatmungsgerät, was an einen Kompressor erinnert, ein Rollstuhl, wie ihn Jüngere wohl noch nie gesehen haben, ein Dienstfahrrad für damalige Doktoren, wie man es heute nur in Museen oder auf dem Schrottplatz findet, ein Kinder- beziehungsweise Babybett für vier Säuglinge, aufgereiht wie ein Magazin, eine Telefonanlage, die eher einer Registrierkasse gleicht oder eine Transportbahre ohne jeglichen Komfort, um einige der nostalgischen Gerätschaften heraus zu greifen.

Ants Lohmus, Chefarzt der Inneren Abteilung im Haus Ebern, er ist begeisterter Radfahrer, stammt aus Estland. Er kam im Jahr 2004 an das Krankenhaus nach Ebern und ist seit dem Jahr 2007 Chefarzt der "Inneren." "Seit ich Arzt bin hat sich bis heute, auch in meinem Bereich, vieles entscheidend geändert", sagt der Mediziner. So sei es für das Haus Ebern der Haßberg-Kliniken schon etwas Besonderes, dass das kleine Krankenhaus einen Computertomographen erhalten hat. "Die Teleradiologie ermöglicht auch in kleineren Krankenhäuser die Computertomographie (CT), ohne dass ein fachkundiger Arzt vor Ort sein muss. Das war schon ein toller Fortschritt", sagt Ants Lohmus. Die Bilder würden online an das Haus Haßfurt geschickt, wo entsprechende Fachärzte die Auswertung vornehmen. Auf das Röntgen eingehend sagt Lohmus, dass nun auch alles digital gespeichert ist und man sich immer schnell die entsprechenden Aufnahmen raussuchen kann. "Früher mussten die gemachten Aufnahmen im Archiv gesucht werden, das dauerte, heute ist das eine tolle Sache, dass man von allen Rechnern darauf zugreifen kann, auch bei der Visite über ein Laptop, was auch für Laborkontrollen gilt." Damit sei man in Ebern sogar "Vorreiter" gewesen, sagt der Arzt. Selbst über Bluetooth können vom Gang aus, zum Beispiel vor dem Zimmer eines infektiösen Patienten, EGK’s geschrieben werden. Auf dem Gebiet der Herzschrittmacher, der erste wurde am 8. Oktober 1958 in Stockholm implantiert, habe es auch große Fortschritte gegeben. "Wenn man daran denkt, dass vor etwa 60 Jahren bei einem Patienten bis zu fünfzig Mal Batteriewechsel erforderlich waren und die Batterien heute bis zu 15 Jahren arbeiten, ist das schon eine tolle Sache", sagt Lohmus. Selbst eine Kernspin-Untersuchung sei mit heutigen Geräten denkbar, was vor Jahren noch ein absolutes No-Go war.

Heinrich Pfeifer ist heute 81 Jahre. Er war am Krankenhaus Ebern von 1976 bis zu seiner Rente im Jahr 2001 beschäftigt, davon viele Jahre als Pflegedienstleiter. "Ich denke noch gerne an meine Zeit in Ebern zurück, es war sehr familiär und ich meine, dass wir damals noch mehr Zeit für die Patienten hatten, als das heute der Fall ist", sagt der Senior. Die Pflege sei unkompliziert und einfach gewesen, es wäre "Pflege direkt am Patienten" gewesen, ohne große Apparaturen. Pfeifer erinnert sich, dass es zu seiner Anfangszeit nur ein Intensiv-Zimmer im Krankenhaus gab. "Das war einfach, ohne viel technischen Aufwand, mit einem Sauerstoffgerät und einem Patientenheber, um die Arbeit für das Pflegepersonal zu erleichtern." Alles hätte noch händisch bedient werden müssen, was heute nicht mehr denkbar ist. "Das alles war noch zu Zeiten, als Dr. Bodenberger Chefarzt war, wir hatten ein gutes Arbeitsklima, jeder sprang ohne Murren für den anderen ein", sagt der ehemalige Pflegedienstleiter. Einen geregelten Arbeitsschluss habe es häufig nicht gegeben, erst wurde die Arbeit fertig gemacht, bevor an die Ablösung übergeben wurde. Schmunzelnd erinnert er sich: "Wir hatten mal einen sehr schwergewichtigen Patienten, der ‚klebte‘ in der Badewanne fest, sodass wir mit vier oder fünf Personen zu tun hatten, ihn wieder raus zu bekommen. Auch sprach er Dr. Bodenberger mit ‚Herr Kollege‘ an und Dr. Bodenberger musste von uns erst aufgeklärt werden, dass das kein Arzt ist", lacht Heinrich Pfeifer.

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