Die Universität Göttingen hat seit Beginn des Forschungsprojektes im Jahr 2020 bereits mehrfach Gebeine an Herkunftsländer zurückgegeben, unter anderem an Hawaii und Neuseeland. Die meisten Gebeine stammten aus dem späten 18. Jahrhundert oder der Zeit davor.
Raubgut aus der Kolonialzeit
Bei den Gebeinen handelt es sich hauptsächlich um Schädel aus Asien und Ozeanien, die meist in der Kolonialzeit nach Europa gelangten.
Kolonialherren raubten damals Gebeine, aber auch Schmuckstücke oder Werkzeuge und brachten sie etwa nach Deutschland. Die Forschung und Lehre mit den menschlichen Überresten aus kolonialen Zusammenhängen ist an der Universität Göttingen verboten.
Woher stammen die Gebeine?
Die Aufgabe der Forscher besteht darin, genau herauszufinden, woher die einzelnen Gebeine stammen, die Teil der Blumenbachschen Schädelsammlung und der Anthropologischen Sammlung der Universität Göttingen sind. Denn nicht immer ist die Herkunft gut dokumentiert.
„Das Ziel ist es die richtigen Schädel in die richtigen Länder zurück zu geben“, betont der Chef des Rückführungsprogramms von Neuseeland, Te Herekiekie Herewini.
Info: Anthropologische Sammlung der Universität Göttingen
Sammlungen
Die Anthropologische Sammlung und die Blumenbachsche Schädelsammlung der Universität Göttingen verfügen über eine Vielzahl menschlicher Schädel und Skelette. Ob diese unrechtmäßig erworben wurden, aus ehemaligen Kolonien stammen und wie mit ihnen umzugehen ist, untersuchen seit dem Jahr 2020 Wissenschaftler im Forschungsprojekt „Sensible Provenienzen. Menschliche Überreste aus kolonialen Kontexten in den Sammlungen der Universität Göttingen“. Im Rahmen dieses Forschungsprojektes werden auch Teile der Sammlung aus der Historischen Anthropologie untersucht.
Anthropologische Sammlung
Die Sammlung der Historischen Anthropologie gehört zu den vergleichsweise jungen Sammlungen der Universität Göttingen. Der Grundstock wurde in den 1950er-Jahren mit einen Sammlung menschlicher Schädel gelegt, die vom Hamburger Völkerkundemuseum überlassen wurden. In den 1970er Jahren kam eine Primatenschädelsammlung dazu, später wurden aus Forschungsprojekten der Abteilung neue Teilsammlungen aufgebaut, darunter zum Beispiel die Sammlung histologischer Präparate der Knochenmikrostruktur. Die Anthropologische Sammlung untergliedert sich in sieben Teilsammlungen.
Academisches Museum
Die Sammlungen des Academischen Museums der Universität Göttingen wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf die Universitätsinstitute verteilt, die für die sich ausdifferenzierenden wissenschaftlichen Fachdisziplinen entstanden. Objekte aus dem Academischen Museum und aus den 1840 für das Museum angekauften Privatsammlungen Blumenbachs befinden sich heute in verschiedenen, in der Regel nicht öffentlich zugänglichen Göttinger Lehr- und Forschungssammlungen.
Blumenbachsche Schädelsammlung
Johann Friedrich Blumenbach (1752-1840) war ein deutscher Anatom und Anthropologe. Er gilt als Begründer der Zoologie und Anthropologie als wissenschaftliche Disziplinen. In seinen anatomischen Studien konzentrierte ich Blumenbach auf den menschlichen Schädel als den Teil, den er für die Beschreibung der Verschiedenheiten als besonders geeignet ansah.
Anatomie
Nach Blumenbachs Tod wurde die Sammlung – mit einem Bestand von mindestens 230 Schädel – von der Universität angekauft und von Blumenbachs Nachfolgern in der Göttinger Anatomie ständig erweitert; heute umfasst die Sammlung insgesamt 840 Sammlungsstücke und ist die älteste und größte universitäre Schädelsammlung der Welt.