Dicke Luft und Smog Warum ist die Luft in Deutschland so schlecht?

Markus Brauer

Schadstoffe in der Luft machen krank und können zum Tod führen. Vor allem in den Wintermonaten verschlechtert sich die Luftqualität in vielen Städten. Wir erklären, warum das so ist und wie das geändert werden könnte.

 
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Experten zufolge verursacht Feinstaub die größten gesundheitlichen Belastungen durch Herzerkrankungen, gefolgt von Schlaganfällen, Diabetes, der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD), Lungenkrebs sowie Asthma. Foto: Imago/Paul-Philipp Braun

In Deutschland herrscht dicke Luft. Der Luftqualitätsindex des Umweltbundesamts (UBA) zeigt aktuell besonders hohe Emissionswerte vor allem für den Osten Deutschlands an. 

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Karte zur Luftqualität

Die tagesaktuelle Lage mit detaillierten Angaben zu den einzelnen Regionen in Deutschland ist auf den Seiten des Umweltbundesamts zu finden.

Wie gut ist die Luft? Das zeigt der Luftqualitätsindex. Er errechnet sich aus den gemessenen Konzentrationen dreier Schadstoffe (Stickstoffdioxid, Feinstaub und Ozon. Foto: Umweltbundesamt/UBA

Wer gesundheitlich vorbelastet ist und beispielsweise unter Asthma leidet, sollte angesichts der schlechten Luftqualität möglichst körperlich anstrengende Aktivitäten im Freien vermeiden, empfiehlt Stefan Feigenspan vom Umweltbundesamt.

Inversionswetterlage ist verantwortlich

In vielen deutschen Großstädten herrscht wie hier in Berlin am 10. Januar 2024 eine Inversionswetterlage. Foto: Imago/Schöning

„Generell ist die schlechte Luftqualität aktuell nicht verwunderlich“, erklärt Feigenspan. „Wir haben eine stabile Hochdruckwetterlage mit sehr niedrigen Temperaturen und geringen Windgeschwindigkeiten.“ So entstehe eine Wetterlage, die „wie eine Glocke“ wirke.

In der oberen Atmosphäre sammelt sich demnach warme Luft, unten kältere. Eine Durchmischung zwischen den unterschiedlichen Luftmassen findet laut Bundesumweltamt aktuell kaum statt. Diese meteorologische Situation nennt man auch Inversionswetterlage, in der sich Luftschadstoffe anreichern.

Im Winter wird mehr geheizt

Das Kohlekraftwerk Boxberg zeichnet sich ab vor der untergehenden Sonne im brandenburgischen Neuliebel.  Foto: Imago/Phototek

Ein Grund, warum die Luft in den kälteren Monaten saisonal schlechter ist als im Jahresdurchschnitt, hängt mit niedrigen Temperaturen zusammen, bei denen mehr geheizt wird als sonst. „Die Holzfeuerung hat hierbei einen Einfluss auf die Schadstoffbelastung." Auf das Jahr gesehen übersteigen die Feinstaub-Emissionen der Holzfeuerung die Auspuff-Emissionen des Straßenverkehrs“, erläutert Feigenspann. Ein weiterer Faktor sind die durch Kraftwerke, Industrie und den Straßenverkehr ausgestoßenen Schadstoffe.

Auf das Wetter kommt es an

Auch die Hochdruckwetterlage spielt eine wichtige Rolle. Wenn beispielsweise eine Ost-Anströmung vorherrscht, wird Luft aus Osteuropa nach Deutschland geleitet, die zu einer hohen Feinstaubbelastung führt. Von diesen Strömungen ist erfahrungsgemäß vor allem der Osten Deutschlands betroffen. „Für einen typischen Winter sind diese Wetterlagen und die damit verbundene Feinstaubbelastung nicht unnormal, aber mittlerweile sind diese durch die milden Winter seltener geworden“, erklärt Feigenspan.

Hohes Gesundheitsrisiko

Schlechte Luft ist auch nach Einschätzung der EU-Umweltagentur EEA (European Enviroment Agency) das größte von Umweltbedingungen ausgehende Gesundheitsrisiko. „Die Auswirkungen der Luftverschmutzung auf unsere Gesundheit sind immer noch zu hoch“, erklärt EEA-Direktorin Leena Ylä-Mononen.

Den Schätzungen zufolge verursacht Feinstaub die größten gesundheitlichen Belastungen durch Herzerkrankungen, gefolgt von Schlaganfällen, Diabetes, der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD), Lungenkrebs sowie Asthma.

30 000 Todesfälle in Deutschland durch Feinstaub

In Deutschland stehen den EEA-Angaben zufolge mehr als 30 000 Todesfälle in Zusammenhang mit zu viel Feinstaub in der Luft. Die höchsten Sterblichkeitsraten gebe es in den östlichen und südlichen Ländern Europas, so Ylä-Mononen.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hatte die empfohlenen Grenzwerte für PM2,5-Feinstaub im Jahr 2021 gesenkt – für die mittlere jährliche Belastung von 10 auf 5 Mikrogramm (tausendstel Gramm) pro Kubikmeter Luft. Als PM2,5 werden Feinstaubpartikel mit einem Durchmesser von weniger als 2,5 Mikrometern (tausendstel Millimetern) bezeichnet. PM2,5-Partikel können teils bis in die Lungenbläschen und in die Blutbahn vordringen.

Was ist Feinstaub?

Feinstaub besteht laut Umweltbundesamt aus einem Gemisch fester und flüssiger Partikel und entsteht etwa durch den Betrieb von Autos, Heizungen in Wohnhäusern oder der Industrie, etwa bei der Metall- und Stahlerzeugung. Auch in der Landwirtschaft entsteht Feinstaub, etwa Ammoniakemissionen aus der Tierhaltung.

Diese winzigen Teilchen können tief in die Atemwege eindringen und etwa die Lunge nachhaltig schädigen. Studien zufolge kann eine hohe Feinstaubbelastung einen vorzeitigen Tod verursachen, beispielsweise infolge von Herz- und Atemwegserkrankungen, Lungenkrebs und Infektionen der unteren Atemwege.

Feinstaub ist ein globales Problem

Dichter Berufsverkehr auf dem Mittleren Ring in München. Foto: Imago/Wolfgang Maria Weber

Etwa 2,5 Milliarden Menschen in Städten weltweit sind laut einer Studie einer Feinstaubbelastung ausgesetzt, die über den von der Weltgesundheitsorganisation WHO empfohlenen Grenzwerten liegt. Das sind rund 86 Prozent aller in Städten lebenden Menschen, heißt es in der Studie.

Neben Feinstaub bleiben auch Stickstoffdioxid und bodennahes Ozon in der Luft ein Problem: Rund 50 000 Todesfälle in der EU sind nach der EEA-Analyse einer erhöhten Belastung durch Stickstoffdioxid zuzuordnen, mehr als 20 000 der Ozon-Belastung.

Stickstoffdioxid entsteht bei Verbrennungsprozessen, etwa in Motoren, hohe Konzentrationen werden an vielbefahrenen Straßen erreicht.

Ziel der EU ist, die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit Feinstaub-Belastung bis 2030 um 55 Prozent im Vergleich zum Jahr 2005 zu reduzieren. Zwischen 2005 und 2021 ist die Zahl der Todesfälle laut EEA bereits um 41 Prozent zurückgegangen.

App zur Luftqualität

EU-Bürger können in der App „European Air Quality Index“ nachschauen, wie es um die Luftqualität in ihrer Umgebung bestellt ist und wie sie damit umgehen können. So könnten sie beispielsweise entscheiden, ob gerade ein guter Zeitpunkt ist, um draußen Sport zu machen, sagen EEA-Experten. Die App könne auch dabei helfen, Länder oder Regionen miteinander zu vergleichen und auf Probleme mit schlechter Luft aufmerksam zu machen.

Info: Luftqualität

Luftqualität
Wie gut ist die Luft in Deutschland ist, zeigt der Luftqualitätsindex des Umweltbundesamtes. Er errechnet sich aus den gemessenen Konzentrationen dreier Schadstoffe (Stickstoffdioxid, Feinstaub und Ozon), wobei die gesundheitlich kritischste der drei gemessenen Konzentrationen das Gesamtergebnis bestimmt, wie auf der Homepage des Umweltbundesamtes heißt.

Schadstoffbelastung
Nach der Definition des Deutschen Wetterdienstes (DWD) ist die Luftqualität „ein Maß für die Reinheit bzw. Schadstoffbelastung unserer Luft“. Die Luft, die wir atmen, sei zum einen ein Gasgemisch aus Sticksoff, Sauerstoff, Argon, Kohlenstoffdioxid und verschiedenen Spurengasen. Zum anderen enthalte sie kleine feste und flüssige Partikel unterschiedlicher Größe (Aerosole, zum Beispiel Wolken-, Regentropfen).