Die ältesten Omas in ihrer Gruppe seien fast 90 Jahre alt und hätten aus ihrer Kindheit noch Erinnerungen an Bombenangriffe oder Flucht, erzählt Saenger. Viele nach 1945 geborene Omas wuchsen ihr zufolge mit vom Krieg traumatisierten Eltern auf. In der Nachkriegszeit sei die Pädagogik zudem von "braunen Gedanken" durchdrungen gewesen. "Das war damals so präsent, dass man es jetzt sofort spürt, sieht und weiß, wenn es wieder in diese Richtung geht", sagt die 70-Jährige.
Omas protestieren nicht nur gegen rechts
Das zivilgesellschaftliche Engagement, das Politiker neuerdings so vehement in Reden einfordern, praktiziert die von älteren Frauen dominierte Bewegung in Hannover und anderen Orten schon seit 2018. Die Omas protestierten zum Beispiel vor Wahlkampf-Ständen und vor Parteitagen der AfD und hielten Mahnwachen ab nach rassistischen Übergriffen. In sozialen Medien werden Rednerinnen von ihnen auch angefeindet. Man müsse furchtlos sein, sagt Saenger. Sie habe auch schon Anzeige wegen Hetze im Internet erstattet.
"Die Omas gegen rechts sind in jedem Fall eine ganz besondere Frischekur für unsere Demokratie", sagt Lorenz Blumenthaler, Sprecher der Amadeu Antonio Stiftung. Inzwischen setzen sich nach Angaben der Stiftung mehr als hundert Ortsgruppen "konsequent gegen Rechtsextreme, Antisemitismus und Rassismus" ein. "Aber sie streiten auch für Klimagerechtigkeit oder während der Corona-Pandemie gegen Verschwörungserzählungen", sagt Blumenthaler.
Einige aktive Omas sind schon in der Zeit der Studentenbewegung Ende der 1960-er Jahre auf die Straße gegangen oder haben sich in der Friedens- und in der Anti-Atomkraft-Bewegung engagiert. Andere waren noch nie auf einer Demonstration, bevor sie sich im Rentenalter der Initiative angeschlossen haben. Auf Demos und bei Kundgebungen können die Omas laut sein - mit selbst getexteten Liedern und Trillerpfeifen.
Aber es gibt auch leise Aktionen, etwa die Solidaritätswache vor einer Synagoge in Hannover. Seit dem Angriff der terroristischen Hamas auf Israel am 7. Oktober stehen jeden Freitagabend Dutzende Omas vor der Synagoge, manche mit Rollatoren, und auch bei Schneeregen. "Für uns ist das hier gelebte Anteilnahme und Freundschaft", sagt Uta Saenger in einer kurzen Ansprache vor ihren Mitstreiterinnen.
Die Vorsitzende des Landesverbandes der Liberalen Jüdischen Gemeinden in Niedersachsen, Rebecca Seidler, sprach bei einer Kundgebung vor 35.000 Menschen in Hannover die Omas gegen rechts direkt an und bedankte sich "von Herzen für das Zeichen der Solidarität und gegen jede Form von Antisemitismus", jeden Freitag "bei Wind und Wetter".
Ehrung für Engagement
Bereits 2020 sind die Omas gegen rechts mit dem vom Zentralrat der Juden gestifteten Paul-Spiegel-Preis für ihr Engagement geehrt worden. Wegen der Pandemie wurde die Auszeichnung erst 2022 übergeben. Die Aktionsformen der Omas seien vielfältig, sagte Mitgründerin Gerda Smorra aus Bremen damals in ihrer Dankesrede.
Sie seien nicht nur gegen rechts auf der Straße, sondern auch in Schulen, Volkshochschulen, Altenheimen oder Jugendzentren im Einsatz. Smorra betonte: "Omas sind alt, aber dank ihrer Lebenserfahrung vielfältig - und laut!"