Brotterode Aschenbach ist „Thüringer des Monats“

Birgitt Schunk
Kay Storch hatte Dietmar Aschenbach (Mitte) für die Auszeichnung vorgeschlagen. Christian Berke, André Eichel und Ralph Gebstedt Foto: Michael Lauerwald

Der Continentalcup im Skispringen 2023 ist Geschichte. Dass es diesen über Jahre hinweg in Brotterode gibt, ist auch der großen Helferschar zu verdanken. Zum Auftakt gab es stellvertretend für alle eine Ehrung.

 
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Eigentlich war das schon ziemlich verrückt letzte Woche. Seit Tagen milde Temperaturen, alles grün in Brotterode. Vom Winter weit und breit nichts mehr zu sehen. Nachdem die vielen fleißigen Helfer die Schanze für den Continentalcup im Skispringen in Brotterode mit Hochdruck hergerichtet hatten, kam pünktlich zur Eröffnungsfeier am Freitagabend endlich wieder die weiße Pracht vom Himmel. Die Inselbergstadt präsentierte sich so mit feinem weißen Überzug.

„Der liebe Gott ist ein Brötteroder“, rief ein Einheimischer seinem Nachbarn zu, der sich gerade wie so viele auf den Weg zur Eröffnungsfeier machte. Und Bürgermeister Kay Goßmann freute sich später über den „Puderzucker“ – und dankte den vielen Helfern, ohne die all das ohnehin nicht möglich gewesen wäre. Er berichtete vom Wettlauf gegen die Zeit in Sachen Schanzenpräparation und von vielen Freiwilligen, die Urlaub eingereicht hatten, um eben zu helfen – von Chefs, die mitfiebern, und Betrieben, die Technik bereitstellen. Viele Gäste waren zur Auftaktparty gekommen, auf der die Teilnehmer begrüßt wurden und die Besten ihre Startnummer erhielten. Begleitet wurden sie vom stolzen Nachwuchs.

Auch Dietmar Aschenbach vom heimischen Wintersportverein Brotterode war mit seiner Familie gekommen und verfolgte die Eröffnungsfeier. Da ahnte er noch nicht, dass er alsbald nach vorne gerufen würde. Seine Familie hatte dafür gesorgt, dass er zu diesem Zeitpunkt recht nah an der Bühne im Schanzenauslauf stand und sich nicht etwa anderswo mit Freunden unterhielt. „Wir wussten Bescheid, er aber nicht“, sagte seine Frau, als er im Scheinwerferlicht zum „Thüringer des Monats“ gekürt wurde. MDR Thüringen und die Thüringer Ehrenamtsstiftung überreichten ihm die Auszeichnung. „Ich bin sprachlos“, sagte Aschenbach. „Aber ich freue mich – es ist eine Anerkennung für alle.“ An sich sei er nur noch ein kleines Licht im Verein. „Aber es gibt viele kleine Lichter, die mithelfen und zu einem großen Lichtstrahl werden – und das macht unsere Gemeinschaft hier in Brotterode aus.“

Aschenbach verstand die Ehrung also als Dankeschön an die vielen Freiwilligen, die gerade im Winter viel leisten. Und so erinnerte auch Niels Lange von der Thüringer Ehrenamtsstiftung noch einmal daran, dass zum Biathlon-Weltcup in Oberhof 1000 Helfer im Einsatz waren, in Brotterode zum Continentalcup am letzten Wochenende und auch im Vorfeld immerhin 300.

Nicht nur die Gäste, auch MDR-Moderatorin Sina Reeder war angetan, dass Brotterode sich pünktlich zur Eröffnung des Skisprung-Events in Weiß präsentierte. „Das sieht doch gut aus“, meinte sie zu Dietmar Aschenbach. „Es sieht weiß aus“, entgegnete er nüchtern. Mit Sicherheit hatte der Fachmann da im Hinterkopf, dass die Optik nicht alles ist. Der Neuschnee war nass und die Temperaturen recht mild – das verhieß viel Arbeit und Sorgen fürs Schanzenteam – wieder einmal. Sein Gespür ließ Aschenbach nicht im Stich. Die Wettkämpfe mussten am Samstag ausfallen, die Schanze konnte nicht wettkampffähig präpariert werden.

Sein Licht muss Dietmar Aschenbach als „kleines Licht“ dennoch nicht unter den Scheffel stellen. Sein Herz hängt an der „Springerei“. Er selbst war bis 1977 Mitglied der DDR-Skisprung-Nationalmannschaft und lernte die Schanzen der Welt kennen – erst als Sportler und später als Kampfrichter. Sein Bruder Hans-Georg holte Olympiagold. Nach dem Ende seiner eigenen aktiven Laufbahn kümmerte sich Dietmar Aschenbach um den Skisprung-Nachwuchs in seiner Heimatstadt. Er legte sich ebenso ins Zeug, dass in Brotterode der FIS-Continental-Cup auf der Inselbergschanze alljährlich Station machte. Er war Schanzenchef und Wettkampf-Gesamtleiter. Und er half stets, die Schanze wettkampftauglich herzurichten. Seine Alpin-Ski, mit denen er den Schnee auf dem Aufsprunghang mit den Sportkameraden festtritt, sind oben an der Schanze deponiert. „Die sind immer parat“, erzählte er gegenüber unserer Zeitung. „Was ich noch tun kann, mache ich.“

Auch wenn der Inselberg als prägende Landmarke und der Turm als markantes Aushängeschild gelten: Für Dietmar Aschenbach ist die Inselbergschanze das eigentliche Wahrzeichen von Brotterode. „Sie hat unseren Ort weltbekannt gemacht.“ Doch die alte Lady ist in die Jahre gekommen. Um so mehr ist er erleichtert, dass nun endlich die Weichen für den lang ersehnten Umbau, der die Zukunft sichern soll, gestellt sind. Lange, lange wurde dafür gekämpft. Aschenbach freut sich heute schon darauf, wenn die neue Anlage steht. Dann will er auf dem Aufsprunghang den Schnee festtrampeln – so wie in der Vergangenheit immer wieder. „Das wünsche ich mir sehr.“

Der Vorschlag für seine Auszeichnung kam von Vereinsmitglied Kay Storch. „Wenn ein älterer vorneweg geht und die Ärmel hochkrempelt, dann ist es für die jüngeren ein Zeichen ‚Da muss ich mitmachen!’ - Wenn es einer verdient hat, stellvertretend für alle, dann ist es der Dietmar Aschenbach“, sagte er. Der Sportsmann habe den Continentalcup und die Vereinsarbeit vorangetrieben.

Mit drei Jahren bewegte sich Dietmar Aschenbach erstmals auf Skiern. Mit neun Jahren begann er selbst mit dem Skispringen. „Ich war spät dran“, sagte er. Für seine große Leidenschaft, die bis heute anhält, war es nicht zu spät. Mehr im Sport

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