Blutspende Ein kleiner Aufwand mit einem großen Effekt

Antje Kanzler und Wolfgang Swietek
Noch relativ neu ist Tom Vollstädt aus Neubrunn im Kreis der Blutspender. Es war dieses Mal seine sechste Spende – und sicher nicht die letzte. Denn es ist unverzichtbar, dass sich auch immer wieder Vertreter der jungen Generation finden, die bereit sind, zu spenden und damit Leben zu retten. Der wertvolle „Lebenssaft“ lässt sich nun mal nicht künstlich herstellen. Foto: Wolfgang Swietek

Die Blut-Reserven für medizinische Eingriffe sind nach dem Lockdown zusammengeschmolzen. Umso mehr appelliert der DRK-Blutspendedienst jetzt an die Spender, in ihrer Bereitschaft nicht nachzulassen. In Neubrunn waren am Mittwoch 23 Männer und Frauen dem Aufruf des DRK gefolgt.

 
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Neubrunn/Meiningen - Wenn derzeit von einem Piks die Rede ist, denken die meisten an die Schutzimpfung gegen die Ausbreitung der Corona-Pandemie, um sich und andere Menschen nicht zu gefährden. Zu einer anderen Art von Sorge für den Nächsten gehört der „Piks“, den sich 23 Männer und Frauen am Mittwoch bei der Blutspende-Aktion des DRK Neubrunn abgeholt haben. Allerdings wurde hier nichts eingeimpft, sondern entnommen – Blut, das andere so dringend brauchen, um zum Beispiel den Blutverlust nach einem Unfall oder bei einer Operation auszugleichen. In den letzten Wochen häuften sich die Meldungen, dass die Blutkonservenvorräte dahinschmelzen und das gewohnte urlaubsbedingte Sommerloch bei der Blutspende noch größer ausfällt als üblich. „Zu schlimmsten Corona-Zeiten hatten wir erstaunlicherweise viele Blutspender“, schaut Claudia Widder, Gebietsreferentin für Blutspenderwerbung und Öffentlichkeitsarbeit des Blutspendedienstes der DRK-Landesverbände in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt,Thüringen, Oldenburg und Bremen, zurück. „Die Leute waren uns sehr treu. Sie hatten viel Zeit, wollten die Gelegenheit nutzen zu helfen und waren froh, mal rauszukommen.“

Erfreut ist die Referentin darüber, dass man die Blutspendetermine in der Region fast wie immer durchziehen konnte. „Da müssen wir uns bei den Bürgermeistern bedanken, die uns weiter die Räume nutzen lassen haben. Das war bei Weitem nicht überall so, aber im Raum Meiningen hatten wir da keine Probleme.“ Selbstverständlich hielten sich alle strikt ans Hygienekonzept, um die Spender nicht zu gefährden.

Im Jahr organisieren die DRK-Ortsvereine in Meiningen und im Umland (insbesondere an den Standorten Henneberg, Dreißigacker, Neubrunn, Queienfeld, Kaltenwestheim und Kaltensundheim sowie in einigen Firmen) gemeinsam mit dem DRK-Blutspendedienst etwa 40 solcher Termine, im vorigen Jahr waren es rund 35 mit relativ vielen Teilnehmern, in diesem Jahr dürften es ähnlich viele Termine werden. Zum Vergleich: zwischen Januar und Juli 2019 wurden im Raum Meiningen 660 Blutkonserven zur Verfügung gestellt, im Vergleichszeitraum 2020 waren es sogar 750, in diesem Jahr 650, etwa der „alte Stand“.

Die eigentlichen Probleme kamen für den Blutspendedienst erst nach dem Corona-Lockdown. „Da wurde in den Krankenhäusern wieder alles hochgefahren“, sagt Claudia Widder. „ Jetzt holt man auf Teufel komm raus die vielen verschobenen OPs nach und braucht entsprechend viele Blutkonserven. Nach den lang erwarteten Lockerungen hatten die Spender aber erst einmal anderes im Sinn und jetzt ist Urlaubszeit. So kam es zu Engpässen.“ Schon Ende Juni warnte der DRK-Blutspendedienst NSTOB – und übrigens auch der Bundesgesundheitsminister, dass mit dem Start der Sommerferien bereits die Versorgungslage mit lebenswichtigen Blutpräparaten ins Wanken gerate. „In den letzten Wochen sind rund 15 Prozent weniger Blutspendender erschienen als benötigt. Die Vorräte und der notwendige Puffer sind aufgebraucht“, wies Markus Baulke vom DRK-Blutspendedienst damals hin. „Durch die wiedergewonnene Reisefreiheit werden viele Menschen diese natürlich wahrnehmen. Das DRK erwartet sogar, dass in Coronazeiten Urlaub vorgezogen wird – denn niemand weiß, wie es im Herbst aussieht.“ Umso dringlicher appellierte der Dienst, spenden zu gehen, um eine sichere Blutversorgung für Krebserkrankte und Unfallopfer gewährleisten zu können.

„Wir haben viele Aufrufe in den Medien gestartet. Langsam wird es wieder besser, die Termine laufen nicht schlecht“, ist Claudia Widders momentaner Eindruck. Das galt auch für Neubrunn am Mittwoch. Recht zufrieden zeigte sich Kerstin Diedrich vom DRK-Team Neubrunn, das die Spender betreut. Sicher gab es schon größere Beteiligung, doch auch 23 Blutkonserven sind in der Ferienzeit eine große Hilfe.

Aktuell meldet der Blutspendedienst, dass bei einigen Blutgruppen (insbesondere Apos, 0pos und Bneg) die Klinikanfragen weiter nicht vollständig erfüllt werden können. Blutpräparate seien nur bedingt lagerfähig. Daher könnten vorsorglich keinen hohen Lagerkapazitäten aufgebaut werden. Trotz leichter Entspannung sei der Konservenstand noch immer kritisch. Durch den weiterhin hohen Bedarf der Kliniken konnten trotz zunehmender Spendebereitschaft noch keine zusätzlichen Bestände aufgebaut werden.

„Auch für uns ist es nicht einfacher geworden“, sagt Sabine Fritz vom Neubrunner Team aus Sicht der Helfer vor Ort. „Wir wissen oft nicht, wie viele zu uns finden. Als nur Neubrunner kamen, kannten wir unsere Spender und konnten uns so darauf einrichten, sie gut zu versorgen. Die Anzahl der Spender ist überall zurückgegangen. Bei teils nur zehn in manchen Orten lohnt sich der Aufwand für den Blutspendedienst nicht. Deshalb wurden die Orte zusammengelegt, für die ein gemeinsamer Blutspende-Termin organisiert wird.“ Früher habe man in Neubrunn statt eines Spenderfrühstücks sogar gekocht. Das sei jetzt durch die Hygieneauflagen nicht mehr möglich. So haben sich die Mitarbeiter des DRK eben etwas anderes einfallen lassen, um den Spendern in anderer Form ein kleines Dankeschön zukommen zu lassen. Für runde Jubiläen erhalten diese natürlich einen Blumenstrauß extra – wie Brigitta Nier, die dieses Mal bereits ihre 120. Spende leistete. Sabine Fritz ist übrigens nicht nur als Helferin des DRK bei der Versorgung der Gäste im Einsatz – sie gehört selbst zu den aktiven Blutspendern, hat dabei ebenfalls fast die einhundert erreicht.

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