„An die Türen will ich schleichen“ Sonderstadtführung in Schmalkalden

Annett Recknagel

Zur Sonderstadtführung in Schmalkalden öffneten sich für die Gäste schon jetzt alle restlichen Türen des Adventskalenders. An acht Stationen gab es Wissenswertes, Nachdenkliches und Fröhliches rund um die Weihnachtszeit.

 
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Der Mann war grasgrün im Gesicht. Und sein Outfit erst – von Kopf bis Fuß hellgrün mit weißen Streifen – fast passend zur riesigen Holztür am Altmarkt 6. Die ist zwar eher dunkelgrün, aber die Tür, die Norbert Hospes darstellte, musste sich freilich auch etwas abheben. „Türen sind Gebrauchsgegenstände“, verkündete er und dann kam Poesie à la Christian Morgenstern: „Lachen und Lächeln sind Tor und Pforte, durch die viel Gutes in den Menschen hineinhuschen kann.“

Das war zu dem Zeitpunkt der Sonderstadtführung kurz vor dem vierten Advent längst geschehen. Das Publikum strahlte. Ein jeder schmunzelte. Das Lied „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“ kam ganz leicht von den Lippen. Das ist in diesen Zeiten Gold wert. Norbert Hospes zitierte jetzt den Geheimrat: „An die Türen will ich schleichen.“ Auch Heinz Erhardt kam zu Wort: „Es steht der Winter vor der Tür ... und friert.“

Türen haben den Anschein, als riefen sie: „Komm herein!“, meinte er weiter. Und das tat die Gruppe, die den acht Stadtführern am Samstagnachmittag durch die Kälte folgte an sogar drei Stellen. Als Ratsherr Clemen öffnete Bertl Werner die Rathaustür und gab bekannt: „Wir sind eine Stadt mit ganz großem Herzen.“ Und weil das so ist, öffneten sich für die Teilnehmer des Rundganges schon vorfristig die letzten acht Türchen am Adventskalender. Das waren allesamt ausgewählte Pforten mit Geschichten, die der ein oder andere so noch nicht gehört hatte.

Gertie Stemmler beispielsweise sprach von der Reinheit, dem Guten und von magischen Kräften. Sie hatte sich in ein Einhorn verwandelt. In das aus dem Wappen des Steitzschen Hauses in der Hoffnung 11. Erbaut wurde es 1560/61 durch den hennebergischen Rentmeister und späteren Stadtschultheiß Antonius Steitz. Als Freihaus war es frei von Abgaben und mit Privilegien wie dem Bierbrauen versehen. Das Familienwappen von 1563 inspirierte Gertie Stemmler zu der wundersamen Verwandlung. Und sie stellte wahrlich ein weihnachtliches Einhorn dar.

Gülden dekoriert hatte auch Gudrun Hammel ihr Haar – als Christkind empfing sie die Besucher an der Tür der Stadtkirche. Wobei die Gäste zu dem Zeitpunkt schon durchgefroren waren und es sie in die Kirche hineinzog. Doch zuvor führte der Weg noch vor die Tür der Stiller Gasse 11. Dort beklagte Susanne Ehrhardt: „Die Menschen wollen zur Weihnachtszeit einfach nicht mehr glücklich sein.“ Einkaufswahn, Glühwein- und Eierpunschverlangen, überbeschenkte Kinder. Säßen Familien zusammen, wäre dennoch jeder für sich. Welch ein Drama. Aber da gab es diese junge Frau, die die besinnlichen Augenblicke der Weihnachtszeit noch lebte und der Engel erkannte, dass es noch nicht zu spät ist. Er riet den Menschen: „Schätzt die kleinen besinnlichen Momente. Verbringt wertvolle Zeit mit euren Familien. Seid dankbar. Seid friedvoll.“

Was folgte, war Applaus. Mehrfach war „Danke“ zu hören. Ein Zeichen, dass derartige Geschichten anrühren und bitter nötig sind. Auch Mathias Vester hatte eine solche parat. Er erklärte, woher die Rosenapotheke ihren Namen hatte und auch er bekam mehrfach ein „Dankeschön“ zu hören und das nicht nur, weil er nach seinem Vortrag ein Schnäpschen an die Gäste verteilte. Gestärkt hatten sie sich zuvor schon an Keksen, sodass sie für die drei letzten Türchen gewappnet waren.

Über dem Eingang des Alten Kantorats erblüht eine Sommerrosette. Kein geringerer als der einstige Schmalkalder Kantor Johann Gottfried Vierling, dargestellt von Sabine Möller, hieß die Gruppe dort willkommen. „Ich habe die Musikwelt verändert“, tönte er und im Inneren des Gebäude war ein lautes Bellen zu hören. Den Vierbeiner, der mit seinem Herrchen heute dort wohnt, drängte es zur Freude aller an die Luft. Was sein muss, muss sein. So vermischten sich einst und jetzt. Vor der alten Schule im Kirchhof machte Johanna Witt als Gattin des ehemaligen Hausmeisters klar Schiff und wies auf die wunderschöne Tür und Hedwig Sophie hin, die die Schule erbauen ließ.

Danach kam das Christkind. Und weil niemand mehr vor der Kirchentür frieren wollte, ging es eben hinein. Nicht weiter schlimm, die Tür kann man sich bei wärmeren Temperaturen ja jederzeit noch mal anschauen. Das Christkind dagegen berichtete von vielen Kindern – ob arm oder reich – es hat schon etliche beschenkt. Was passte da nicht besser als ein Lied von Reinhard Mey? Es heißt „Es ist Weihnachtstag, und es ist Viertel nach zwei“. Es lohnt sich, den Text zu googeln – denn Schenken ist nicht gleich Schenken. Von Gudrun Hammel bekamen die Gäste eine Kerze. „Auf eine schöne Weihnachtszeit“, lautete die Botschaft und alle, die teilgenommen haben, gingen fröhlich nach Hause. Nicht nur die Geschichten und die kleinen Gaben hatten sie erfreut.

Es waren die Gedanken zwischen den Zeilen, die die Damen und Herren ihre kalten Füße vergessen ließen.

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