Barbara Helfgott & Rondo Vienna Vom poppigen Mozart bis zur klassischen Shakira

Jessica Helbig

Klassik und Pop sind für sie kein Widerspruch – im Gegenteil: Barbara Helfgott verleiht klassischer Musik poppigen Schwung und Popmusik klassische Power. Zu erleben beim SOS-Festival am 9. Juli in Suhl live auf der Bühne.

 
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Barbara Helfgott, in Ihrer Musik verbinden Sie Klassik mit Pop- und Jazz-Elementen – eine interessante Mischung! Was genau zeichnet Ihre Musik aus?

Wir sind zum Großteil in der Klassik verwurzelt und da ganz besonders in der Wiener Musiktradition. Praktisch alle meine Kolleginnen und ich haben in Wien Musik studiert. Und wir haben diese Musik dann weiterentwickelt, zeitgemäßer gemacht. Ich bin dann auch mit ganz großartigen Jazz- und Popmusikern in Kontakt gekommen, mit denen ich gemeinsame Projekte gemacht habe. Als ich damit begonnen habe, meine Fühler in andere Richtungen auszustrecken, war das noch ein Tabu für viele Kollegen aus der Klassik.

Warum haben Sie sich trotzdem für diesen Weg entschieden?

Es gibt wahnsinnig viel tolle Musik – nicht nur die Klassik. Es gibt großartigen Jazz, es gibt großartige Popmusik. Jeder, der denkt, Popmusik wäre einfach, soll erst mal einen Hit schreiben! Alles, was man dazu lernt im Leben, ist einfach eine Bereicherung. Ich finde, man sollte seinen Horizont nie so sehr begrenzen.

Mit Schubladen scheinen Sie wenig anfangen zu können. Muss man trotzdem Klassik-Kenner sein, um ihre Konzerte genießen zu können?

Überhaupt nicht! Es ist für jeden etwas dabei. Die, die mit Klassik vielleicht noch nicht so viel am Hut haben, sagen nach dem Konzert oft: „Wow, das tut gar nicht weh“. Und diejenigen, die sich in der Klassik auskennen, sagen: „Da sieht man: Das sind Musikerinnen, die das gelernt haben, die das können.“ Man kann bei uns einen poppigen Mozart erleben, aber auch eine Nummer von Shakira, die trotzdem noch ein wenig an Wiener Musikkultur und Streicherklang erinnert. Jeder, der Musik mag, kann das genießen. Man muss sich einfach darauf einlassen – und am besten gleich mittanzen.

Von Mozart bis Shakira: Das ist ja eine unglaublich große musikalische Spannbreite! Was gehört noch zu Ihrem Repertoire?

Von Johann Strauß ist immer etwas dabei – ein schöner Walzer oder mal eine Polka. Aber wir spielen zum Beispiel auch Michael Jackson oder Frank Sinatra. Meine ganz besondere Liebe gilt auch Barbra Streisand, die ist ein ganz großes Idol von mir. Lieder von ihr neu zu interpretieren, sie nachzusingen und -zuspielen, das macht mir unglaublich großen Spaß. Mit sehr viel Respekt vor der großen Künstlerin.

Was bewundern Sie an Barbra Streisand?

Ihre Stimme ist der Wahnsinn! Aber auch ihre Persönlichkeit. Alles, was sie gemacht hat als Schauspielerin, als Regisseurin, als Sängerin, hat sie einfach unglaublich gut gemacht. Ich mag Frauen, die es schaffen, ihren Kopf durchzusetzen. Barbra hat es nicht unbedingt immer leicht gehabt, ihre eigenen Ideen umzusetzen. Der Film „Yentl“ ist ein gutes Beispiel. Sie wollte ihn schon sehr lange machen, hat aber keinen Produzenten gefunden. Also hat sie gewartet, bis sie so weit war in ihrer Karriere, dass sie ihn selbst produzieren konnte.

Sie mögen also Frauen, die die Dinge selbst in die Hand nehmen!

Ja! Und ich finde es auch großartig, wenn Frauen etwas machen, ohne Kompromisse einzugehen – etwa bei den Schönheitsidealen. Barbra Streisand hat sich ihre Nase nie machen lassen, weil es ihr wichtiger war, toll singen zu können.

Welche Rolle spielt das Aussehen bei Ihnen und Ihren Musikerinnen?

Die Frauen in meinem Ensemble sind alle sehr hübsch, aber mir ist noch viel wichtiger, dass jede Charme, dass jede Persönlichkeit hat. Ich glaube, das ist auch wahnsinnig wichtig, um den Menschen von der Bühne aus auch wirklich eine gute Stimmung rüberbringen zu können.

Warum spielen in Ihrem Ensemble eigentlich nur Frauen?

Das war ein bisschen eine Reaktion auf die Wiener Philharmoniker, die ja ganz lange keine Frauen genommen haben. Daraufhin habe ich gesagt: „Wenn ich ein Ensemble gründe, dann werden da nur Frauen spielen.“ Und das habe ich dann auch so durchgezogen. Wir waren und sind ein rein weibliches Ensemble. Und inzwischen sind wir so erfolgreich, dass wir schon auf der ganzen Welt unterwegs waren.

Woher kommt denn der Name „Rondo Vienna“?

Da wir alle aus Wien kommen und auch der Wiener Musik sehr verbunden sind, sollte auf jeden Fall das „Vienna“ drin sein. „Rondo“ wird international sehr stark mit Crossover, also der Musik über verschiedene Genres hinweg, verbunden. Der Name sagt: Das, was wir machen, ist abwechslungsreich. Und nicht rein klassisch.

Sie treten am 9. Juli zum ersten Mal in Suhl auf. Haben Sie schon eine Idee von der Region Südthüringen?

Da fällt mir natürlich sofort der Thüringer Wald ein. Der ist wirklich wunderschön. Einmal war ich schon dort, vor drei, vier Jahren auf der Durchreise zu einem Konzert. Ich war traurig, dass ich damals nur einen Tag da war. Wenn ich mich recht erinnere, war gerade Pilzsaison und es gab Steinpilze.

Sie haben ja jetzt wie fast alle Künstlerinnen und Künstler sehr lange nicht live spielen können. Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf das anstehende Konzert?

Ein paar Events haben wir auch vorher schon. Anfang Juli spielen wir zum Beispiel in Sotschi in Russland. Langsam bewegt sich wieder was und das ist einfach schön! Die Bühnenluft, der Kontakt zum Publikum, der direkte Emotionsaustausch – das hat so gefehlt! Ich freu mich schon so darauf, das kann man sich gar nicht vorstellen. Es ist wie so vieles im Leben: Erst wenn man es mal nicht hat, merkt man, wie extrem wichtig es ist.

Interview: Jessica Helbig

Barbara Helfgott...
...hat schon als Kind mit ihren Eltern klassische Konzerte besucht, sobald sie einigermaßen ruhig sitzen konnte. Als sie fünf war, durfte sie in der Musikschule die Blockflöte überspringen und gleich die schwierigere Geige lernen. Mit zehn gewann sie ihren ersten Musikwettbewerb und wurde in eine Begabtenklasse an der Musikuniversität aufgenommen. Es folgten ein Studium des Operngesangs, mehrere Meisterkurse bei renommierten Lehrern und erste Ausflüge in den Populargesang. Als Solistin, Kammermusikerin und Konzertmeisterin fand sie verschiedene Wege, ihre Liebe zur Musik auszuleben. Schließlich beschloss die Musikerin, eigene Wege zu gehen und gründete das Ensemble Rondo Vienna. Mit ihm hat sie schon auf der ganzen Welt gespielt, unter anderem in Indien, Japan, Südkorea und den Vereinigten Staaten.

 Barbara Helfgott & Rondo Vienna: 9. Juli, 20 Uhr Platz der Deutschen Einheit Suhl; Tickets zum Preis von 28 Euro unter www.sos-festival.de oder unter 03681/792413 (Mo. bis Fr. 9 bis 12 Uhr & 13 bis 14 Uhr, zum jeweiligen Ortstarif)

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