Und dann kam Demi. 1991 erschien die amerikanische Schauspielerin Demi Moore auf einem Cover des Magazins „Vanity Fair“. Demi war nackt und hochschwanger – eine Hand mütterlich-schützend vor den Bauch, die andere gespreizt vor den Brüsten. Ein kalkulierter Skandal, in Szene gesetzt von der bekannten Starfotografin Annie Leibovitz. Das Cover schrieb Geschichte und wurde noch oft kopiert, etwa mit Britney Spears oder Claudia Schiffer.
Sah man hier so prominent eine ganz normale Schwangerschaft? Natürlich nicht. Das Bild war durch und durch inszeniert. Für die weiblichen Stars ergab sich plötzlich die Möglichkeit, mit der Schwangerschaft Geld zu machen: Kaum etwas konnte das Image so nachhaltig verbessern wie eine öffentlich zelebrierte Schwangerschaft. Mit Normalisierung hatten diese Bilder auf den Magazincovern nichts zu tun. Genauso wenig wie das Leben dieser finanziell gut gestellten Prominenten dem Leben der normalen Mütter zur damaligen Zeit entsprach.
Schwangere wurden wahrgenommen, „als habe man eine Behinderung“
Trotzdem hat sich die Wahrnehmung von Schwangerschaft und Muttersein auch bei gewöhnlichen Frauen seit den 1990ern stark verändert. Das merken viele vor allem im Arbeitsumfeld. Der erste Schritt war die Enttabuisierung: Seit etwa zwanzig Jahren ist ein Zustand erreicht, in dem Schwangerschaft und Muttersein in Öffentlichkeit und Arbeitsleben gezeigt und gelebt werden. Von der Nebensitzerin mit halb nacktem Babybauch im Eiscafé, von der stillenden Mutter im Restaurant oder der Kollegin, die den Kinderwagen neben ihrem Schreibtisch am Arbeitsplatz abstellt.
Ist damit also alles gut? Lange Zeit nicht: Schwangere Frauen und Mütter wurden zwar wahrgenommen, allerdings nach wie vor nicht als Normalfall. Vielmehr erlebten oder erleben Frauen immer noch im Arbeitsumfeld, dass ihnen zwar Mitgefühl, Rücksicht oder Anerkennung der Schwanger- oder Mutterschaft entgegengebracht werden – aber mehr so, wie eine Kollegin einmal sagte, „als habe man eine Behinderung“. Männliche Vorgesetzte integrieren Frauen mit Babybäuchen oder Kleinkindern und ermöglichen ihnen, abends auch mal früher heimzugehen. Dass diese Mütter aber für sogenannte Führungspositionen geeignet sein könnten, gar zu ihren Konkurrentinnen werden, das schien noch bis vor wenigen Jahren völlig undenkbar. Nachvollziehbar damals also das Bestreben von Frauen, eine Schwangerschaft erst einmal verstecken zu wollen.
Nicht krank, sondern einfach schwanger
Kürzlich erregte ein Auftritt der zweimaligen Hindernis-Europameisterin Gesa Krause Aufsehen. Die Läuferin erwartet im Mai ein Kind und trainiert trotzdem schwanger weiter, beim Silvesterlauf in Trier nahm sie ganz normal teil. In Interviews sagte die Sportlerin, sie sei schließlich nicht krank, sondern schwanger. „Vielleicht erkennen durch mich auch andere Frauen, dass Schwangerschaft und Sport vereinbar sind“, sagte die Leichtathletin. Mütter seien zu wenig im Leistungssport vertreten.
Prominente haben die Mittel, gesellschaftliche Veränderungen voranzutreiben, und Rihannas Auftritt beim Super Bowl diese Woche zeigt: Vor zwanzig oder dreißig Jahren wäre eine deutlich sichtbar schwangere Sängerin nicht in so einer großen Show aufgetreten, vor zehn Jahren hätte man sich, wenn schon ein schwangerer Auftritt, nichts anderes vorstellen können, als eine madonnenhafte Rihanna, ausstaffiert mit Heiligenschein, wallendem Haar und nacktem Bauch, die engelsgleich auf den Platz fliegt – eine Inszenierung der Übermutter. Rihanna hat ihren Zustand im Vorfeld des Super Bowls nicht an die große Glocke gehängt, wie man das sonst von Instagram-Müttern kennt, die auf dieser Basis ihre Familie zu barem Geld machen. Rihanna ist einfach schwanger aufgetreten – eben weil sie gerade schwanger ist. Die Inszenierung ist trotzdem perfekt: Das betont praktische, feuerrote Outfit ließ die Sängerin auf provokante Weise aussehen wie einen Automechaniker oder eine übergroße Plazenta. Das passt in eine Zeit, in der Frauen offen über ihre Menstruation und ihre Vulva diskutieren und in der Mutterschaft wieder als Arbeit, nämlich Care-Arbeit, gesehen wird.