Avantasia in Coburg Ein Hauch von Wacken

Tobias Sammet ist am Freitagabend mit seinem Power-Metal-Projekt Avantasia auf dem Schlossplatz zu Gast. Die Coburger bekommen dabei eine Ahnung davon, wie laut und hart es bei dem berühmten Festival im hohen Norden zugeht.

 
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Es wummert und grollt am Freitagabend auf dem Coburger Schlossplatz. Ist das schon Tobias Sammets Avantasia, oder doch ein heranziehendes Unwetter, vor dem die App Nina des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe am Handy warnt? Es ist Avantasia. Die Veste-stadt bleibt von Gewittern und Starkregen verschont, die in der Nachbarschaft niedergehen. Die Tropfen, die Coburg treffen, stören die Fans der lauten und harten Rockmusik von Avantasia eher wenig. Viele verzichten auf Regencapes, die am Platz angeboten werden.

Rund 5000 Besucherinnen und Besucher – unter ihnen Coburgs Oberbürgermeister Dominik Sauerteig – sind dabei, als Tobias Sammet mit seiner Band fulminant loslegt. Metalmusik hört man in Coburg eher selten, auch wenn schon Ikonen dieser Stilrichtung – Blind Guardian etwa – auf dem BGS-Gelände gespielt haben. Mit Konzerten auf dem Areal ist es allerdings bald vorbei, wenn in zwei Jahren die Bauarbeiten für das neue Klinikum starten.

Bleibt der Schlossplatz. Und der zeigt sich am Freitag Metal-tauglich. Das liegt auch am Mann am Mischpult, der sein Handwerk hörbar gut beherrscht. Es entwickelt sich kein Soundbrei, was bei Metal-Konzerten im Regen immer wieder mal passieren kann. Blitze, die über der Bühne zucken, kommen nicht vom Unwetter, sondern sind Teil der beeindruckenden Lichtshow. Die Bilder, die an die Leinwand im Hintergrund geworfen werden, stammen aus der Fantasiewelt des Tobias Sammet und seines Power-Metal-Projekts Avantasia. Der Geigen spielende Sensenmann ist genauso dabei wie das Skelett mit Zylinder am Leierkasten oder das Kind, das am Eingang der Nebelhöhle steht, beäugt von unheimlichen Gestalten an der Wand. Alles Avantasia-Plattencover. Eine Anlehnung an den Herrn der Ringe ist auch zu sehen: Baumbart lässt grüßen.

Und dazu die Musik, die Rock- und Metal-Jünger verzückt. Avantasia brennen in Coburg, der letzten Station ihrer Sommer-Tournee, ein Feuerwerk ab. Das haben sie schon Anfang August in Wacken gut gemacht, dem berühmten Metal-Festival im hohen Norden Deutschlands. Und jetzt die Vestestadt. Sie bekommt eine Ahnung davon, wie laut und hart es in Wacken über mehrere Tage hinweg zugeht.

Tobias Sammet hat einmal mehr Größen seiner Zunft mitgebracht: Ralf Scheepers von Primal Fear ist dabei, Senior Bob Catley von Magnum, ohne den es Avantasia nicht geben würde, wie Sammet erklärt, Eric Martin, die Stimme von Mr. Big („To be with you“), Ronni Atkins (Pretty Maids) und Jorn Lande (Masterplan). Zu jedem der Sänger hat Tobias Sammet eine kleine Geschichte zu erzählen, wie er überhaupt gerne redet an diesem Abend in Coburg. Rock- und Laberqueen Doro steht er da in nichts nach.

Dass das Publikum bei jedem Song mitgeht, begeistert auch die Musiker auf der Bühne, sagt Sammet. So wie in Coburg müsse man eine Tour beenden, das sei ein richtiges Brett, Avantasia sei von einem Orkan empfangen worden. „Und das hat nichts mit dem angekündigten Unwetter zu tun“, meint Sammet.

Er kann sich bei dem gut zweieinhalbstündigen Powerplay auf seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter, die Stammcrew von Avantasia, verlassen: zwei Gitarristen, ein Bassist, ein Keyboarder, drei Backgroundsängerinnen und -sänger sowie ein Drummer. Gerade er beeindruckt. Felix Bohnke leistet am Schlagzeug durchgehend Schwerstarbeit. Das verdient allen Respekt.

Im Laufe des Abends gibt Tobias Sammet einen kleinen Einblick in sein Seelenleben, das unter Corona gelitten hat: „Zweieinhalb Jahre nur Scheiß. Da sitzt du in deinem Keller, keiner weiß, wie es weitergeht. Dann wirst du wieder rausgelassen und kommst auf die Bühne. Das fühlt sich großartig an. Wir versuchen, uns rücksichtsvoll zu verhalten, aber den Spaß lassen wir uns nicht nehmen. Den Beruf auch nicht“, ruft der Metal-Sänger ins Publikum. Er spricht damit vielen seiner Kolleginnen und Kollegen aus dem Herzen, denen die Einschränkungen in der Pandemie zugesetzt haben . Und dann gibt es das nächste Lob für Coburg, „den richtigen Platz und die richtige Atmosphäre“ für die letzte Show, die Avantasia in diesem Jahr spielt.

Zwischen all den lauten und harten Liedern streichelt Tobias Sammet die Seele der Vestestädter. „Coburch“ ruft er immer wieder und belegt mit diesem einem Wort, dass er des Fränkischen mächtig ist. Das verwundert nicht, kommt der deutsche Metal-Papst doch aus dem nahen Fulda, und da liegt Franken nur auf der anderen Seite der Rhön, wie er spitzbübisch anmerkt.

Avantasia, das bestätigt sich auch in Coburg, ist ein ganzes Mini-Metal-Festival in sich. Das gefällt den Fans, das gefällt offensichtlich auch der Band. Tobias Sammet betont das wieder und wieder, stellt heraus, dass das Lob ehrlich gemeint sei, verspricht, mit Avantasia wieder nach Coburg zu kommen. Um eine Zugabe lässt er sich nicht zweimal bitten. Zuvor hat er aber noch eine Botschaft zu verkünden: seinen Unmut über die „unheimlich vielen aggressiven Arschlöcher in der Welt“, ohne zu konkretisieren, wen genau er damit meint. Die rund Fünftausend auf dem Schlossplatz sicher nicht. Sie sind am Freitagabend mit Tobias Sammet, dem Peter Pan der Rock- und Metalszene, eingetaucht in eine bezaubernde Welt. Es hat sich gelohnt.

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