Aufnahmestopp Tierheim am Wald ist hoffnungslos überfüllt

Dieser schwer verletzte Kater wurde vor dem Tierheim abgestellt. Die medizinische Behandlung dauerte über sechs Monate und kostete im höheren vierstelligen Bereich. Heute hat er ein schönes Zuhause. Foto: privat

Seit Jahresbeginn ist das Tierheim am Wald in Hildburghausen überbelegt. Es gilt ein Aufnahmestopp. Der betreuende Tierschutzverein Südthüringen ist verzweifelt. Ein Hilferuf.

 
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„Tiere sind keine Wegwerfartikel. Ein Haustier ist Partner, Freund, Seelentröster und Familienmitglied. Doch aktuell erleben Tierschutzvereine und Tierheime eine andere Realität“, beklagt Ute Poerschke, zweite Vorsitzende des Tierschutzvereins Südthüringen mit Sitz in Hinternah. Viele Menschen hätten zwar gute Gesetzeskenntnisse, aber beim Tierschutz hat die Vereinsvorsitzende Monika Hahn große Zweifel. Denn wer „ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, muss es seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen, darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden und muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen“. So will es das Tierschutzgesetz.

Seit Jahresbeginn bereits ist das Tierheim am Wald in Hildburghausen überbelegt, seit Monaten gilt ein Aufnahmestopp für alle betreuten Tierarten – Hunde, Katzen, Kleintiere wie Kaninchen und Meerschweinchen. Dennoch, so Monika Hahn, gibt es jeden Tag mehrere Anrufe von Menschen, die ihr Haustier abgeben wollen. Die Anrufe kommen nicht nur aus dem Landkreis Hildburghausen, sondern aus dem ganzen Bundesgebiet. Einige der Anrufer sind wirklich verzweifelt – ein Todesfall in der Familie, eine schwere Krankheit, die eine Betreuung des geliebten Haustieres nicht mehr möglich macht. „Der Tierschutzverein setzt alles daran, diesen Menschen und ihren Tieren zu helfen“, versichert Monika Hahn. Doch die Mehrzahl der Anrufe laufe anders ab. Meist klingt das dann so: Das Haustier wurde unüberlegt angeschafft. Der süße Welpe, das niedliche Kätzchen – sie sind groß geworden. Die rassetypischen Merkmale und Verhaltensweise der erwachsenen Tiere sind nicht gewünscht, passen nicht mehr zur Lebenssituation. Man will in Urlaub fahren, ist nicht mehr im Homeoffice. Jetzt ist das Tier lästig und muss weg. „Am schlimmsten sind dann die unverhohlenen Drohungen, den Hund oder die Katze einfach auszusetzen oder zu erschlagen“, berichtet Ute Poerschke aus Gesprächen. Sie schmerzt hierbei besonders die Ignoranz und der Egoismus der Menschen gegenüber anderen Lebewesen.

Versorgung wird immer schwieriger

Das Kostenproblem, das alle Menschen haben, die ein Haustier besitzen, beispielsweise gestiegene Futter- oder Tierarztkosten, trifft den Tierschutzverein in gleichem Maß. Das Geld im Tierschutzverein ist immer knapp. Trotz der gesetzlich verankerten Aufgabe des Landkreises und der Kommunen sieht Monika Hahn verschiedene Reaktionen der Behörden. Viel Unterstützung bei einigen mit der klar formulierten Zusage, die finanziellen Beiträge in Zukunft weiter aufzustocken. „Leider sind nicht alle Gemeinden kooperativ, eine Beteiligung einiger an der Finanzierung erfolgt nicht – dennoch werden die Leistungen des Tierheims eingefordert“, bedauert die Vereinsvorsitzende.

Während einer Überbelegung des Tierheims werde es dann besonders schwer. Tierheimleiterin Nicole Stephan weiß an vielen Tagen nicht, wie sie die Tierpflege gesichert bekommt. Personal fehlt. Weit über 90 Prozent der anfallenden Stunden im Tierheimbetrieb – alleine 5000 pro Jahr nur für die Tierversorgung – werden ehrenamtlich geleistet. Und so springt der rüstige Rentner, der die 70 bereits hinter sich gelassen hat, auch am siebten Tag der Woche ein und übernimmt für fünf Stunden die nachmittägliche Versorgung der Hunde, Kaninchen und Nager. Aufgrund der hohen Zahl der Tiere schafft er es in den fünf Stunden nicht ganz und bleibt noch ein wenig länger, bis wirklich jedes Tier satt, zufrieden und für die Nacht sicher ist.

Die Politik sei dringend gefordert. Monika Hahn verweist auf die gesetzlichen Verpflichtungen und verlangt zeitnahe Unterstützung von der Politik – lokal, regional und landesweit. Sie plädiert für ein Verbot des Internethandels mit lebenden Tieren und fordert klare gesetzliche Regelungen beim Import von Tieren, beispielsweise Gesundheitsschutz und Dokumentation, um eine Abgabe des Tieres wegen völliger Überforderung der neuen Besitzer an Tierheime zu verhindern. Außerdem spricht sie sich für eine Kastrations- und Chippflicht für Freigängerkatzen aus. „Dies ist ein Muss, um die Vermehrung von wild lebenden Katzen auf ein vernünftiges Maß zu reduzieren und es ist ein Muss, um die Flut junger und oftmals schwer kranker Katzen einzudämmen.“ Unbedingt notwendig ist außerdem eine kostendeckende finanzielle Unterstützung von Tierheimen durch die betreuten Landkreise und Gemeinden. „Hier bietet es sich an, einen Teil der Hundesteuer zweckgebunden zur als Finanzierung der Tierheime einzusetzen“, so der Vorschlag der Vereinschefin.

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