IHK-Arbeitsmarktumfrage Suhl hat Top-Talenten zu wenig zu bieten

red
Jan Scheftlein. Foto: /Michael Reichel)

Für junge Leute mit Fachwirt- oder Hochschulabschluss ist Suhl offenbar nicht attraktiv genug.

 
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In Suhl verfügt jedes zweite Unternehmen über Stellen, die bereits seit Monaten frei sind. Gesucht werden neben Auszubildenden vor allem Top-Talente mit Fachwirt- oder Hochschulabschluss. „Allerdings scheint die hier gebotene Lebensqualität nicht jeden zu überzeugen. Vielmehr muss die Region endlich attraktiver werden“, fordert Jan Scheftlein, stellvertretender IHK-Hauptgeschäftsführer für Südthüringen.

Drei von vier Beschäftigten in der Stadt Suhl erbringen Dienstleistungen. Am häufigsten sind in der Stadt medizinische Gesundheitsberufe, Berufe der Unternehmensführung und -organisation sowie Verkaufsberufe anzutreffen. Viele dieser Stellenprofile unterscheiden sich von denen im Umland, wo das produzierende Gewerbe stark vertreten ist. Für viele dieser Tätigkeiten wird ein akademischer Abschluss oder ein Abschluss aus der höheren beruflichen Bildung vorausgesetzt.

Daher suchen laut IHK-Umfrage 42 Prozent der Suhler Unternehmen händeringend nach geeigneten Mitarbeitern mit einem Weiterbildungsabschluss wie Fachwirt oder Meister und 37 Prozent nach Hochschulabsolventen. Für die nichtakademischen Berufe möchten 42 Prozent sich eigenen Nachwuchs auf dem Weg einer dualen Berufsausbildung heranziehen. Jedes zweite Unternehmen verfügt gegenwärtig über Stellen, die bereits seit Monaten frei sind. Dies sind jedoch keine Alleinstellungsmerkmale. Der Arbeitsmarkt in Suhl unterscheidet sich zwar vom Umland, ist aber ganz typisch für ein urbanes Umfeld. Und Fachkräfteengpässe sind inzwischen deutschland- und europaweit verbreitet.

Initiativen für mehr Zuzüge

„Warum Suhl? Nach der Wende positionierte man sich als Waffenstadt, doch Waffen waren damals gerade out. Kurzzeitig war von der Wohlfühlstadt die Rede, ebenso wie in Apolda, Delitzsch, Greifswald und Landshut, also allesamt Städten, die ebenfalls schöne Ecken haben. Neuerdings treffen sich in Suhl die Macher, wenn sie nicht im Landkreis Herford unterwegs sind. Aber ein Marketing-Claim muss auch gelebt werden. Nun müssen geeignete Projekte initiiert werden, um den Zuzug zu befördern“, hält Jan Scheftlein fest.

Wenig Angebote für unter 50-Jährige

In der aktuellen Umfrage befinden 61 Prozent der Unternehmen, dass die Region für Beschäftigte attraktiver werden muss. In keinem Südthüringer Landkreis sei dieser Anteil so hoch. Interessenten für Jobs in Suhl haben Scheftlein zufolge demnach verfeinerte Ansprüche, denen die Stadt mit ihrem Ärztemangel, genormten Kitaöffnungszeiten, überschaubarem kulturellen Angebot für die unter 50-Jährigen, vielen Plattenbauten, fehlenden Radwegen und Parkplätzen kaum genügen kann. „Darüber hinaus verlangt jedes zweite Unternehmen den Ausbau der beruflichen Bildung. Wenn sich die Macher aus den anderen Städten lieber anderswo wohlfühlen wollen, sollten den heimischen Schulabgängern zumindest die Chancen einer Karriere in der Heimat aufgezeigt werden. Hierfür müssen die regionalen Berufsschulstandorte gestärkt werden. Ein Ausbau der Berufsorientierung an den Regelschulen und am Suhler Gymnasium erscheint als wünschenswert“, betont Scheftlein.

Kritik an überbordender Bürokratie

Außerdem fordern 43 Prozent der Unternehmen, die überbordende Bürokratie auf dem Arbeitsmarkt zu beseitigen. Insbesondere das Ausländerrecht sollte stärker auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes ausgerichtet werden.

Die Arbeitsmarktumfrage der Industrie- und Handelskammer wird jährlich durchgeführt. Die repräsentative Befragung erfolgte zwischen Mitte September und Mitte Oktober 2022. Außerdem wurde der Regionalreport über Beschäftigte, Stand 31. März 2022, für die Stadt Suhl vom Statistik-Service der Bundesagentur für Arbeit herangezogen.

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