Alarmierende Statistik Wenn die Jugend fehlt: Alter Freistaat

Thüringen als das Land der nicht mehr ganz Jungen, der halb und ganz Alten? Eine Statistik liefert warnende Aussichten.

 
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  Foto: dpa/Felix Kästle

Junge Leute, die auf der Suche nach Perspektiven ihre Heimat verlassen, kaum noch Kinder, die hier geboren werden – die Folgen dieser Trends hat das Landesamt für Statistik mit alarmierenden Zahlen deutlich gemacht: Die um die Jahrtausendwende Geborenen machen in Thüringen nur noch einen Anteil von 8,4 Prozent an der Bevölkerung aus – das ist weniger als in Tschechien und Bulgarien (jeweils 9,0 Prozent) oder Lettland (9,2 Prozent), die EU-weit gesehen eigentlich am ältesten aus der Wäsche schauen. In Deutschland liegt der Schnitt bei 10,0 Prozent und ist hier schon auf den niedrigsten Wert gefallen.

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Die Folge ist klar: eine immer älter werdende Bevölkerung mit den sich daraus ergebenden Problemen. Und genau darauf wollen die Statistiker zum Internationalen Tag der Jugend an diesem Freitag aufmerksam machen. Vor 20 Jahren habe der Anteil der jungen Erwachsenen in Thüringen noch bei 13,7 Prozent gelegen – was damals über dem deutschlandweiten Schnitt (11,4 Prozent) gelegen habe. Das macht die Entwicklung noch etwas dramatischer. Und auch die bundesweite Statistik schwärmt von der ersten Hälfte der 1980er Jahre, als die „Babyboomer“-Jahrgänge den Anteil junger Menschen in der Bundesrepublik auf 16,7 Prozent katapultierten.

Studium im Trend

Wie aber könnten sich mehr junge Leute im Land halten lassen? Die Aufschlüsselung der Zahlen auf die einzelnen Landkreise gibt zumindest Hinweise: Denn den höchsten Anteil (12,1 Prozent) junger Bevölkerung hat die Stadt Jena, gefolgt von Weimar (10,7) und Erfurt (10,5). Die drei Städte fallen in den Statistiken auch gern einmal dadurch auf, dass sie ihre Einwohnerzahlen halten oder gar noch steigern können. Auffällig: Es sind Hochschul-Städte, wie auch Nordhausen, dessen Landkreis Platz vier in der Statistik behauptet (8,6 Prozent). Ebenfalls noch mit 8,5 Prozent über dem Landesdurchschnitt liegt der Ilm-Kreis, was am Einzugsgebiet von Erfurt und dem boomenden größten Gewerbegebiet des Freistaats am Erfurter Kreuz liegen könnte – und an der Unistadt Ilmenau. Ebenfalls laut Statistik ist die Zahl der Studierenden in Deutschland von 2010 bis 2020 kontinuierlich gestiegen – um 33 Prozent, während die Zahl der Auszubildenden um 15 Prozent sank.

Fast Null Bock auf Familie

Die weggegangenen jungen Leute zeigen sich auch am entgegengesetzten Ende der Tabelle mit den Jugend-Quoten: Hier finden sich die Kreise Greiz (7,0), Altenburger Land (7,1), Saalfeld-Rudolstadt (7,3) und Hildburghausen (7,4). Aber auch Sonneberg (7,6 Prozent), Suhl (7,7) und Schmalkalden-Meiningen (7,8) stehen nicht viel besser da.

Zwar sinken die Einwohnerzahlen generell, doch es ist vor allem der unterste Teil der Altersgruppen, der schneller schrumpft als die höheren Jahrgänge. Aus der Alterspyramide ist längst eine Art grafischer Baum geworden mit schmalem Stamm und einer ausladenden Krone derjenigen Jahrgänge, die in den nächsten zehn, zwanzig Jahren in Rente gehen. Eine Trendwende ist demzufolge aber auch nicht in Sicht: Denn selbst die wenigen jungen Leute, die noch da sind, haben anscheinend „Bock“ darauf, selbst eine Familie zu gründen. So registrierten die Statistiker, dass im vergangenen Jahr noch 846 Eheschließende jünger als 25 Jahre alt waren, das entspreche einem Anteil von 5,5 Prozent derjenigen, die sich das Jawort im Freistaat gaben. Oder einem unter 18 Brautleuten. Zum Vergleich: 1990 ging fast jeder Zweite im jungen Alter unter 25 den „Bund fürs Leben“ ein, der oft dann aber gar nicht so lange hielt.

Ob mit oder ohne Trauschein: Auch die jungen Mütter werden immer weniger. Von den rund 15 000 Kindern, die laut Statistik 2021 in Thüringen geboren wurden, hatten 2135 Mütter im Alter bis 24 Jahre. Das ist etwa jedes siebte Kind (13,9 Prozent). Vor 20 Jahren traf das noch auf fast ein Drittel (30,5 Prozent) der Kinder zu. Ganz zu schweigen von 1990, als noch über die Hälfte (52,5 Prozent) der Kinder von jungen Müttern geboren wurden.