Wie groß ist die atomare Gefahr durch die Zwischenlager?
Auf dem Kraftwerksgelände gibt es auch noch ein Zwischenlager. Derzeit lagern auf dem Werksgelände rund 40 Tonnen angereichertes Uran und 30 Tonnen Plutonium.
Dem ukrainischen Betreiber Enerhoatom zufolge befinden sich unter freiem Himmel zudem 174 Container mit jeweils 24 abgebrannten Brennelementen. Direkte Artillerietreffer könnten demnach so etwas wie eine „schmutzige Atombombe“ erzeugen.
Was würde im Fall einer Kernschmelze passieren?
Der schlimmste Fall tritt ein, wenn einer der Reaktorblöcke zerstört wird oder es aufgrund eines mehrfachen Stromausfalls zu einer Kernschmelze kommt. Versagen die Generatoren, würden die Brennstäbe bereits nach 90 Minuten gefährlich hohe Temperaturen erreichen – samt Kernschmelze.
Normalerweise erzeugen die Brennstäbe Hitze, welche von einem ersten Wasserkreislauf im Reaktor aufgenommen wird. Über Rohre wird die Wärme in einen zweiten Wasserkreislauf abgeleitet, es wird Dampf erzeugt. Dieser treibt eine Turbine an, die wiederum den Strom erzeugt. Auch Reaktoren, die nicht aktiv Strom erzeugen, müssen weiter gekühlt werden.
Kommt es zur Kernschmelze, kommt das Kühlwasser nicht in Kontakt zur Außenwelt – eigentlich. Denn bricht die Stromversorgung des AKW zusammen, und damit auch die Kühlversorgung, entsteht im Reaktor ein Überdruck. Kann dieser nicht über Ventile abgelassen werden, könnten die Reaktoren zerstört werden.
Welche radioaktiven Stoffe würden freigesetzt?
Wolfgang Raskob vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) geht davon aus, dass im Falle eines größeren Atom-Unfalls wohl dieselben Stoffe freigesetzt würden wie einst 1986 in Tschernobyl. Einige radioaktive Formen dieser Stoffe – etwa von Cäsium, Strontium und Iod - oder deren Verbindungen sind neben der Strahlengefahr auch noch giftig.
Was wären die Folgen einer radioaktiven Verseuchung?
Das hätte vor allem verheerende Folgen für die Ukraine. Aber auch anliegende Nachbarländer wie Belarus, Polen, die baltischen Staaten, Moldawien, Rumänien, Bulgarien und auch Russland könnten unter der austretenden Strahlung leiden.
Experten gehen davon aus, dass in diesem Fall das Land in einigen hundert Kilometern Umkreis unbewohnbar werden würde. Die Ausdehnung hängt auch von der Windrichtung ab – bei dem häufig herrschendem Ostwind könnte die Radioaktivität nach Russland und Kasachstan getragen werden, bei anderer Windrichtung wäre auch ein Herüberwehen nach Mittel- und Westeuropa möglich.