Abschied der Kaltennordheimer Pfarrerin „Etwas mit Menschen machen“

Julia Otto
Kaltennordheim ist ihr längst zur Heimat geworden, sagt Elisabeth Eschweiler. Foto: Julia Otto

Pfarrerin Elisabeth Eschweiler aus Kaltennordheim ist seit gestern nicht mehr im Dienst, sondern im Ruhestand. Wehmut und Dankbarkeit zugleich empfindet sie bei diesem beruflichen Abschied, sagt die 66-Jährige. Ihre interessante Lebensgeschichte in Ost und West – unter anderem mit dem Konvertieren von der Katholikin zum evangelischen Glauben – wird hier erzählt.

 
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In Kaltennordheim ist am 1. März eine weitere Pfarrstelle im Kirchenkreis frei geworden. Neun Jahre hat Elisabeth Eschweiler in den Gemeinden Kaltennordheim, Fischbach, Diedorf und Klings gewirkt. Zuletzt hatte sie die Vakanz in Empfertshausen übernommen. Am Samstag, 11. März, wird sie in einem Gottesdienst um 14 Uhr in der Kaltennordheimer Nikolaikirche offiziell in den Ruhestand verabschiedet. Im Anschluss sind alle Besucher zum Empfang ins Feuerwehrgerätehaus eingeladen.

Angesichts des nahenden Abschieds und der Vakanzsituation in der Region empfindet die 66-Jährige Wehmut, aber auch Dankbarkeit für neun „schöne Jahre in Kaltennordheim“. Jetzt, wo die ganzen saisonalen Veranstaltungen ablaufen, wird ihr bewusst: Es ist die Zeit der letzten Male in ihrer offiziellen Funktion. Als Pfarrerin habe sie eigentlich „fast alles gerne gemacht. Bis auf die Verwaltungsaufgaben, zugegebenermaßen“, lacht Elisabeth Eschweiler. Die Pfarrerin ist der Meinung: Die Strukturen im Verwaltungsalltag des Pfarramtes müssen sich systematisch ändern, sonst gehen Pfarrer im erhöhten Verwaltungsakt unter. „Im Laufe der Zeit haben sich die Verwaltungsaufgaben enorm erhöht und rauben uns immer mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge wie zum Beispiel die Seelsorge“, ergänzt die Pfarrerin.

Besonders am Herzen lagen ihr immer Gottesdienste in jeglicher Form. Auch die intensiven Gespräche vor Beerdigungen, Taufen, Konfirmationen und Hochzeiten fand sie bereichernd, weil man Menschen da oft sehr nahekomme. „Hier habe ich oft erlebt, wie der Glaube Menschen mitreißt und trägt – ich war dabei nur das Werkzeug“.

Pfarrberuf als Lebensform

Heute kann sie sich keinen anderen Beruf mehr vorstellen. „Ich habe den Pfarrberuf immer als Lebensform verstanden.“ Dabei hatte Elisabeth Eschweiler nie vor, Pfarrerin zu werden. Geboren in Halle/Saale, aufgewachsen in Schwarza bei Meiningen, war ihr nach dem Abitur klar, dass sie „etwas mit Menschen machen“ wollte. „Meine Eltern waren religiös und haben dies beispielhaft mit dem weltlichen Leben verbunden“, erzählt die Pfarrerin. So strebte sie zunächst als katholische Tochter eines Arztes ein Medizin-Studium an, welches ihr zu DDR-Zeiten verwehrt wurde. Aus diesem Grund stellte sie 1978 einen Ausreiseantrag. Diese politischen Entwicklungen haben sie damals stark beeinflusst. Bis heute hat sie einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. „Ich habe immer versucht, kritisch zu bleiben“, so Eschweiler.

Während ihrer vierjährigen Ausbildung zur Krankenschwester im Sophienhaus in Weimar begegnete sie vielen hochbegabten und weltoffenen Pfarrerskindern. „Das Sophienhaus war in den 80er-Jahren ein Auffangbecken für viele Ausreiseantragsteller – diese Freigeister faszinierten mich“, erzählt die Pastorin begeistert. Hier stellte sie nach und nach fest, dass Theologie für sie spannender sei als die Medizin und fand ihre wahre Berufung. „Ich habe mehr Spaß an Geschichte, Politik und Philosophie. Diese Fächer sind in der Theologie zu Hause.“

Nach vier Jahren wurde Elisabeth Eschweiler im Januar 1983 dann aus der DDR ausgebürgert und ging in den Westen. Danach ist sie viel herumgekommen und studierte in Bonn, Erlangen, Heidelberg, Wien und München Theologie. 1984 ist sie dann in Nürnberg in der St. Lorenzkirche zur evangelischen Kirche konvertiert. Ihr Vikariat begann sie 1991 in Sonneberg. Nach der Wende zog es sie nach Zella-Mehlis. Hier beendete sie 1993 ihr Vikariat und absolvierte im Anschluss ihr zweites theologisches Examen. Sie wirkte in Zella-Mehlis, Steinbach und Westhausen. Nachdem Pfarrer Lars Ophagen die Kirchgemeinde Kaltennordheim verließ, machte der ehemalige Superintendent Ulrich Lieberknecht Elisabeth Eschweiler auf die vakante Pfarrstelle aufmerksam. Am 1. Januar 2014 wechselte sie dann mit Tochter Beatrice in die Kirchgemeinde Kaltennordheim. „Die Stadt ist für uns Heimat geworden“, so Elisabeth Eschweiler.

Gemeindeleben geht weiter

Elisabeth Eschweiler bleibt auch nach dem Abschied aus dem aktiven Pfarrdienst der Region treu. Sie wird sich eine Wohnung in der Region suchen, um nahe bei ihrer Mutter sein zu können. Im Ruhestand will sie sich Zeit nehmen, langersehnte Wünsche zu erfüllen. Auf der Liste stehen kulturelle Erlebnisse wie Ausstellungs- und Museumsbesuche, Reisen und vieles mehr.

Das Gemeindeleben wird während der Vakanz weitergehen. Die Pfarrstelle ist bereits ausgeschrieben. Bis zur Neubesetzung hat Pfarrer Alfred Spekker aus Frankenheim die Vakanzverwaltung übernommen. Pfarrerin Katrin Mang aus Kaltenwestheim wird sich um die Kasualien (Beerdigungen, Taufen, Trauungen) kümmern.

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